Direkt zu den Schnelllinks Direkt zum Inhalt

Transkript Tiergestützte Intervention


(Prof. Dr. Birgit Schröder) Herzlich willkommen zu einer neuen Folge. Wir sprechen heute über aktuelle Entwicklungen im Gesundheitswesen und - eine besondere Folge heute - über ein spannendes Forschungsprojekt. Ich habe zwei Gesprächspartner, über die ich mich sehr freue. Und ja, vielleicht mögt ihr euch selber einmal vorstellen.
(Merle Schöne) Ja, vielen Dank. Genau. Mein Name ist Merle Schöne. Ich bin wissenschaftliche Mitarbeiterin an der HFH im Fachbereich Gesundheit und Pflege, jetzt seit 2020 hier an der HFH dabei. Und ursprünglich bin ich Sozialarbeiterin. Genau.
(Prof. Dr. Wolfgang Becker) Ja, mein Name ist Wolfgang Becker. Ich bin seit 2016 an der HFH als Professor. Bis Ende 2021 habe ich den Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen geleitet. Und dann, ab 1. Januar letzten Jahres, bin ich Forschungsbeauftragter der HFH und kümmere mich darum, dass das wir in dem Bereich weiterkommen und unsere Aktivitäten intensivieren.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Ja, Herzlichen Dank. Dann wissen wir auch: zwei spannende Gesprächspartner. Und wir steigen gleich ein. Wir sprechen über ein Forschungsprojekt, das mit Tieren zu tun hat. Und vielleicht fangen wir tatsächlich einmal an: Wie ist es überhaupt dazu gekommen? Also woher kam die Idee? Wie ist das entstanden?
(Prof. Dr. Wolfgang Becker) Ja, das ist eine ganz interessante Geschichte, die dahintersteckt. Und zwar hat im Sommer letzten Jahres eine Online-Infoveranstaltung stattgefunden, die die HFH gemeinsam mit der Stiftung Bildung und Beruf organisiert hat. Und das Thema war Forschungskooperation im Stiftungsverbund. Also zu schauen, wie können wir verbundintern Themen finden, die für alle Akteure interessant sind und wo können wir auch Themen finden, die für Forschung, gemeinsame Forschungsprojekte interessant sind? Dazu sind die Geschäftsführer der Beteiligungsgesellschaften eingeladen worden und in Vorbereitung dessen haben wir eine Liste zusammengestellt von potenziellen Forschungsideen. HFH-weit, lange Liste. Und auf einer dieser Listen stand dann unter anderem das Projekt, was die Idee von Merle Schöne ist, was mit der tiergestützten Intervention zu tun hat. Und während der Sitzung hat dann die Geschäftsführerin des VHS-Bildungswerkes, Frau Brademann, das Thema sehr spannend gefunden und hat gesagt okay, können wir da mal in Kontakt kommen, uns austauschen? Das haben wir gemacht, haben ein Konzept entwickelt und dann einen Antrag gestellt auf Forschungsförderung bei der Stiftung. Das ist bewilligt worden und Merle hat das Thema dann auch entsprechend ausformuliert. Und im Antrag, dann haben wir das gemeinsam dann positiv beschieden bekommen.
(Merle Schöne) Genau. Ich kann ein bisschen was dazu erzählen, wie ich überhaupt auf das Forschungsthema gekommen bin. Ich bin ursprünglich Sozialarbeiterin und war auch über fünf Jahre in der Praxis tätig, unter anderem auch in der stationären Kinder- und Jugendhilfe. Und dort ist es so, dass beispielsweise 2021 über 120.000 Kinder und Jugendliche in stationären Einrichtungen Genau. Ich kann ein bisschen was dazu erzähle n, wie ich überhaupt auf das Forschungsthema gekommen bin. Ich bin ursprünglich Sozialarbeiterin und war auch über fünf Jahre in der Praxis tätig, unter anderem auch in der stationären Kinder- und Jugendhilfe. Und dort ist es so, dass beispielsweise 2021 über 120.000 Kinder und Jugendliche in stationären Einrichtungen Genau. Ich kann ein bisschen was dazu erzählen, wie ich überhaupt auf das Forschungsthema gekommen bin. Ich bin ursprünglich Sozialarbeiterin und war auch über fünf Jahre in der Praxis tätig, unter anderem auch in der stationären Kinder- und Jugendhilfe. Und dort ist es so, dass beispielsweise 2021 lebten über 120.000 Kinder und Jugendliche in stationären Einrichtungen, also in, wie man klassisch sagt, in Heimen. Genau. Ich kann ein bisschen was dazu erzählen, wie ich überhaupt auf das Forschungsthema gekommen bin. Ich bin ursprünglich Sozialarbeiterin und war auch über fünf Jahre in der Praxis tätig, unter anderem auch in der stationären Kinder- und Jugendhilfe. Und dort ist es so, dass beispielsweise 2021 lebten über 120.000 Kinder und Jugendliche in stationären Einrichtungen, also in, wie man klassisch sagt, in Heimen. Genau. Ich kann ein bisschen was dazu erzähle n, wie ich überhaupt auf das Forschungsthema gekommen bin. Ich bin ursprünglich Sozialarbeiterin und war auch über fünf Jahre in der Praxis tätig, unter anderem auch in der stationären Kinder- und Jugendhilfe. Und dort ist es so, dass beispielsweise 2021 über 120.000 Kinder und Jugendliche in stationären Einrichtungen Genau. Ich kann ein bisschen was dazu erzählen, wie ich überhaupt auf das Forschungsthema gekommen bin. Ich bin ursprünglich Sozialarbeiterin und war auch über fünf Jahre in der Praxis tätig, unter anderem auch in der stationären Kinder- und Jugendhilfe. Und dort ist es so, dass beispielsweise 2021 lebten über 120.000 Kinder und Jugendliche in stationären Einrichtungen, also in, wie man klassisch sagt, in Heimen. Genau. Ich kann ein bisschen was dazu erzählen, wie ich überhaupt auf das Forschungsthema gekommen bin. Ich bin ursprünglich Sozialarbeiterin und war auch über fünf Jahre in der Praxis tätig, unter anderem auch in der stationären Kinder- und Jugendhilfe. Und dort ist es so, dass beispielsweise 2021 lebten über 120.000 Kinder und Jugendliche in stationären Einrichtungen, also in, wie man klassisch sagt, in Heimen. Und es ist so, dass circa round about 30 % dieser Kinder und Jugendlichen während der Zeit, die sie in diesen Einrichtungen leben, mindestens ein Einrichtungswechsel durchmachen. Das hängt damit zusammen, dass die Einrichtungen nicht ganz ausgelegt sind auf das Verhalten, was sich zum Teil von diesen Kindern und Jugendlichen zeigt und dass das einfach so herausfordernd ist, dass die Einrichtungen sagen Das können wir nicht halten. Dem können wir nicht gerecht werden. Die Kinder oder Jugendlichen verlieren ihren Platz und brauchen eine neue Einrichtung. Das ist ja äußerst kontraproduktiv für die gemeinsame Arbeit und auch für die Entwicklung von diesen Kindern und Jugendlichen. Weil jedes Mal werden Beziehungen abgebrochen, jedes Mal müssen Bindung mit harter Arbeit neu aufgebaut werden. Und da hat sich für mich so ein bisschen die Frage gestellt Wie kann man dem begegnen? Was kann man tun, damit sie ihren Platz nicht verlieren, damit das ja Verhalten so weit in Bahnen gelenkt wird, dass wiederum die Einrichtung auch dem begegnen können und damit zurechtkommen können? Ich habe noch eine Zusatzausbildung zur Traumapädagogin, bin also auch in dem Bereich unterwegs und habe selbst schon mal hier und da Einblicke bekommen in tiergestützte Intervention. Und daraus kam so ein bisschen die Idee, ob man da nicht eine Verknüpfung herstellen kann und was ja an diesem Konzept hilfreich sein kann.
(Prof. Dr. Wolfgang Becker) Ja, und die Frage stellt sich natürlich auch, was wir im Rahmen dieses Projektes denn machen können und wollen. Wichtig ist zunächst einmal, das ist kein länger angelegtes Projekt, sondern ein Projekt mit einer Laufzeit von neun Monaten. Und das ist methodisch natürlich dann auch ein Punkt, wo wir natürlich den Schwerpunkt auf Exploration legen, das heißt, wo wir uns diesem Thema nähern. Es gibt natürlich einiges in der angewandten Forschung zu diesem Kontext. Tiergestützte Intervention, die Wirksamkeit, die Wirkung von alldem, insbesondere im psychotherapeutischen Bereich. Aber wenn wir jetzt näher herangehen an die Kinder- und Jugendhilfe, insbesondere im stationären Bereich, in Wohngruppen, wo wir ja dann unterwegs sind, da wird es ein bisschen weniger, was wir finden, und das ist der Ausgangspunkt. Also in gewisser Form betreten wir da auch methodisch etwas Neuland und sind da auch in der Form dann etwas vorsichtig, wenn wir die Ergebnisse haben. Also wir können da keine Verallgemeinerungen generell ableiten, aber ganz spezifisch für die Einrichtung schon, weil das Interesse der Einrichtung ist, natürlich da auch in dem Feld ein bisschen sich auszuweiten und weiterzuentwickeln. Dazu können wir vielleicht später noch was sagen.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Vielleicht können wir noch mal darüber sprechen, über welche Personengruppe wir eigentlich sprechen. Also alterstechnisch vielleicht. Oder vielleicht auch von der Vorgeschichte her?
(Merle Schöne) Genau. Also in dieser konkreten Forschung geht es ja um zwei Einrichtungen mit jeweils acht Plätzen. Und die sind unterteilt auch noch mal im Alter, weil die eine Einrichtung richtet sich eher an Kinder. Die Kinder, die dort leben, sind zwischen sechs und zwölf Jahre alt und die andere Einrichtung richtet sich an Jugendliche. Derzeit, meine ich, ist die Altersstruktur zwischen 14 und 18. Theoretisch geht es ab zwölf. Genau, das ist dann noch mal die Unterscheidung.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Und kannst du noch mal was zur Vorgeschichte sagen? Also was, was die Betroffenen sozusagen für eine Vorgeschichte mitbringen?
(Merle Schöne) Ja, das ist schon auch recht divers. Es ist, was man grundsätzlich sagen kann, es liegen immer recht massive Gründe vor, warum diese Kinder und Jugendlichen nicht mehr in ihren Herkunftsfamilien leben können. Da spielt Gewalt eine Rolle, Vernachlässigung, allgemeine Erziehungsschwierigkeiten, die in irgendeiner Form dazu führen, dass das Jugendamt sagt, okay, zu Hause innerfamiliär funktioniert das nicht mehr. Wir brauchen eine andere Unterbringungsform. Und deswegen kann man auch sagen, dass all diese Kinder und Jugendlichen schon vor eine besondere Herausforderung gestellt sind, nämlich in einer Institution groß zu werden und nicht im familiären Kontext. Das macht schon mal einen großen Unterschied. Und alleine das birgt schon Herausforderungen genug, dass man damit einen Umgang finden muss.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Und wenn wir vielleicht noch mal so ein bisschen auf die Begrifflichkeiten kommen, also tiergestützte Intervention, vielleicht können wir das noch mal ein bisschen erklären für diejenigen, die gerade zuhören.
(Merle Schöne) Genau. Tiergestützt bedeutet, dass innerhalb einer Intervention, die kann therapeutisch oder pädagogisch sein, Tiere systematisch in die Arbeit mit einbezogen werden. Wenn man so im therapeutischen Kontext, da kann man sich da häufig schneller drunter was vorstellen, beispielsweise während einer Therapiesitzung ist ein Hund mit anwesend. Das macht schon mal unheimlich viel. Das hat unheimlich viel Wirkung auf die gesamte Gesprächsdynamik etc. Im pädagogischen Bereich ist es eher da kann man eher so auch in Richtung Erlebnispädagogik denken, dass halt in eine konkrete Interaktion Tiere eingebunden werden. Wenn man dabei beispielsweise an Pferde denkt, dann ist es das Reiten, also konkret etwas zu tun und darüber im Nachhinein zu reflektieren. Oder ich helfe einem Kind dabei, einem Hund einen neuen Trick beizubringen. Also so, dass man sieht Ursache, Wirkung, mein Verhalten, was löst das wiederum aus, welche Konsequenzen hat das? Und das einfach in die pädagogische Arbeit mit einzubeziehen.
(Prof. Dr. Wolfgang Becker) Und in dem Zusammenhang vielleicht auch noch mal der Hinweis: Unser Projekt lautet ja Evaluation tiergestützter Intervention in diesen beiden Einrichtungen des VHS-Bildungswerkes. Und was uns interessiert, ist natürlich die Auswirkungen auf den Heimalltag, dann auf den eigentlichen Hilfeverlauf, es geht ja um Kinder- und Jugendhilfe und letztendlich, was Merle schon angesprochen hatte, auf den Heimverbleib. Weil wie gesagt, wir befinden uns da bei ganz speziellen Persönlichkeitsstrukturen, die eine lange Geschichte hinter sich haben, teilweise auch traumatische Erfahrungen. Und wir bewegen uns auch hier im gesetzlichen Rahmen von SGB 8, Kinder- und Jugendhilfe. Das heißt, die stationäre Betreuung hat hier einen gesetzlichen Rahmen, der natürlich auch zu beachten ist, und von uns als Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen natürlich auch, es ist ein spezifisches Setting. Die Kinder und Jugendlichen sind da nicht freiwillig, sondern– oder zumindest in einem Kontext in dieses Setting hineingekommen. Das ist zu berücksichtigen und ich denke, es ist sehr, sehr gut, dass auch Merle jetzt diese fachlichen Qualifikationen hat, um dann auch mit den Kindern und Jugendlichen vor Ort, wenn wir unsere Daten erhoben haben, dann auch in Kontakt zu kommen und die notwendigen Informationen zu finden. Es ist natürlich andererseits ein bisschen schwierig mit diesen methodischen Herausforderungen jetzt zu gucken, diese Effekte zu evaluieren. Wie stellen wir fest, was jetzt wirkt? Da haben wir einfach ein bisschen in der Fachliteratur uns orientiert und gesagt: Okay, wir können nur über Indikatoren uns annähern. Also wichtig ist natürlich irgendwie auch ein Effekt, möglicherweise auf das, was mit Emotionen zu tun hat, etwas zufriedener zu sein, entspannter zu sein. Und natürlich die Frage, ob diese Intervention sichtbar wird im Kontext von Verhalten, bezogen auf Dinge, die nonverbal sichtbar sind. Kommunikation. Aber auch auf das, was jetzt Individualverhalten ist, zum Beispiel was möglicherweise mit Anspannung oder Gewalt zu tun haben kann. Oder das, was in dem Gruppenverhalten zu beobachten ist. Das sind die Dinge, die, die wir versuchen, ein bisschen zu erfassen. Und das ist, wie gesagt, ein sehr komplexes Feld, weil alles miteinander zusammenhängt.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Und über welche Tiere sprechen wir? Es ist so klassisch Hund, Pferd.
(Merle Schöne) Also in den Einrichtungen ist es tatsächlich konzentriert auf Pferde. In der Einrichtung findet pädagogisches Reiten statt, in einem Reitstall. In der anderen Einrichtung geht es konkret um Reittherapie. Genau. Das heißt, es ist alles pferdegestützt. Und es ist aber so an dem Ort, wo die Reittherapie angeboten wird, dass dort auch Hunde leben. Und es war tatsächlich in einem Fall so, dass eines der Kinder Angst hatte vor den Pferden. Dann ist natürlich mit Reittherapie schwierig und die dann aber so flexibel reagieren konnten und dann die Hunde mit einbezogen haben in die Arbeit. Genau. Eine Katze läuft da auch noch über den Hof. Also manchmal, wenn man die zu fassen kriegt, kann die auch in die Arbeit mit einbezogen werden. Aber halt systematisch geplant nicht.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Ja, ich finde das ganz spannend. Ich habe zwei Mandanten, die einen machen das mit Lamas und die anderen machen das mit Kamelen tatsächlich. Und ich finde es total spannend, weil die sagten, also prinzipiell geht es mit eigentlich fast jedem Tier was eine gewisse Sympathie beim Gegenüber– Also mit einer Vogelspinne wird es wahrscheinlich schwierig, aber ich sag mal alles, was sonst so niedlich ist und sympathisch ist, damit geht es dann vermutlich auch.
(Merle Schöne) Genau. Und was halt so ein ganz wichtiger Faktor ist, ist immer wieder das Spiegeln, das Spiegeln von Emotionen. Und das geht gerade bei Hunden und Pferden extrem gut, weil die einem sehr schnell zeigen, wie man denen eigentlich entgegentritt. Wenn ich supernervös bin und ganz ängstlich, dann komme ich an das Tier gar nicht erst ran, weil es spürt es sofort und reagiert dementsprechend. Und wenn ich dann halt eine ausgebildete Fachkraft habe, die danebensteht und mir einmal erklärt, was da jetzt eigentlich passiert, dann findet halt auch darüber emotionales Lernen statt. Und das ist auch nochmal so ein Vorteil für diese Kinder und Jugendlichen. Gerade wenn sie traumatische Erfahrungen gemacht haben, dann ja zum Großteil in Bezug auf andere Menschen. Und dann mit einem Menschen im therapeutischen Setting zu sein, ist schon erst mal eine Grundschwierigkeit, weil eventuell das Grundvertrauen fehlt. Zu einem Tier ist das nicht der Fall. Das heißt, wenn das Tier mir körperlich etwas zeigt, entweder auf mich zukommt oder vielleicht Abstand hält, ist das leichter zu ertragen und zu akzeptieren, weil das erst mal kein Mensch ist und damit so eine Gefahrenstufe da erst mal rausgenommen ist.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Und wahrscheinlich auch keine Wertung dahinter vermutet wird.
(Merle Schöne) Genau, genau. Ja, das ist dann leichter zu akzeptieren.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Dann habe ich noch eine Frage dazu, weil ich das immer ganz spannend finde. Ich habe vor einigen Jahren mit meinen Kindern, morgens waren wir reiten und wenn man ein Pferd sieht bei drei Leuten drauf, hat man ja das Gefühl, es sind drei verschiedene Pferde, weil man natürlich sehr unterschiedlich ist. Also mein Sohn ist zum Beispiel so jemand, der reitet so "was kostet die Welt" und da ist natürlich so ein Pferd tendenziell auch eben entsprechend schnell und zügig dabei. Und meiner Tochter war da immer, die ist halt sehr, sehr überlegt, sehr rational, eher vorsichtig. Und so ist ein Pferd dann irgendwie auch anders. Und das ist ja eigentlich das, was man, wenn man reitet, auch so kennt. Das ist quasi das, was ihr jetzt am Boden abbildet, das, was jeder Reiter im Sattel auch sehen würde, oder?
(Merle Schöne) Genau. Genau. Und es ist auch noch mal, man kommt auch noch mal anders ins Spüren. Ne, das hat auch noch diese körperliche Komponente, weil gerade Menschen, die mehrfach schwersttraumatisiert sind, häufig keinen guten Kontakt zum eigenen Körper haben. Und da ist auch noch mal eine ganz andere Möglichkeit, wenn ich auf so einem Pferderücken sitze, dieses Konzept von Sich-tragen-zu-lassen, Sich-zu-spüren und das auch überhaupt aushalten zu können. Genau. Und dann halt auch zu sehen, okay, das, was ich mache, so wie ich bin, das hat hier eine Auswirkung. Also so diese Kausalzusammenhänge zu begreifen, ist dann noch mal im Fühlen und im Erleben wesentlich intensiver, als wenn ich das in einem therapeutischen Setting mache. Gerade für Kinder, wo man ja verbal über Erklärungen häufig noch nicht so weit kommt und das noch nicht so im Verständnis abgebildet werden kann, das im Kontext mit Tieren ganz anders funktioniert und viel leichter. Das ist doch gut.
(Prof. Dr. Wolfgang Becker) Die tiergestützten Interventionen, die wir auch jetzt uns näher angeschaut haben, sind natürlich eingebunden in das gesamte pädagogische Konzept. Und das ist vielleicht noch mal hier zu betonen, Das soll ergänzend, unterstützend eingesetzt werden. Bzw. die Wirkung, die Effekte, die man sich erhofft sollen all das, was die Grundarbeit des pädagogischen Personals vor Ort ausmacht, unterstützen, fördern. Das ist wichtig und das sehen wir auch so und ich glaube, das ist auch wichtig, um ein bisschen in den Heimalltag eine gewisse Abwechslung auch reinzubekommen. Raus aus den Routinen, weil das ist kein Standardprogramm, was täglich passiert, passieren wird. Weil diese zusätzlichen Angebote natürlich auch Geld kosten. Das ist ein anderer Aspekt, den man zu berücksichtigen hat. Also noch mal der Hinweis: Das muss natürlich auch ins pädagogische Konzept passen und sicherlich auch muss es passen zu einem einzelnen persönlichen Jugendlichen oder zum Kind. Es gibt sicherlich das eine oder andere, die eine oder andere Person, die jetzt eher eine Distanz zu dem hat. Und dann ist die Frage, muss man, soll man das tun oder soll man es eher nicht machen? Das muss dann in den einzelnen Einrichtungen vor Ort dann natürlich letztendlich entschieden werden unter pädagogischen Gesichtspunkten.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Ja, genau. Da hätte ich nämlich tatsächlich gefragt: Gibt es auch jemanden, der sagt so "Nein. Egal ob Pferd oder Hund, für mich ist das gar nichts." Oder sind die alle da sehr offen und sehr, sehr empfänglich für–
(Merle Schöne) Nein. Es ist beispielsweise bei den Jugendlichen auch gerade so, dass da einige dabei sind, die sagen "Nee, möchte ich nicht, habe ich nichts mit am Hut oder es macht mir Angst." Auch das gibt es und da wird dann natürlich niemand gezwungen, dann wird das Angebot nicht– Also, was schon gemacht wird, gerade bei dem pädagogischen Reiten, innerhalb dieses Konzeptes ist es so, dass es Ihnen allen einmal vorgestellt wird, dass Sie sich das überhaupt mal angucken können, um auch zu wissen, wogegen entscheide ich mich eigentlich? Genau. Wenn dann aber festgestellt wird "Nein, das ist einfach nicht meins, das ist nicht mein Zugang, nicht meine Art von Zugang", dann schließt man das auch aus. Also dann nimmt diese Person dann halt nicht dran teil, kann sich aber eventuell noch zu einem späteren Zeitpunkt dazu entscheiden. Das kann halt auch noch kommen. Oder wo man halt auch ein bisschen gucken muss, weil auch der Tierschutz einfach eine Rolle spielt, wenn Verhalten so sehr aggressiv und noch völlig ungesteuert kommt, dann passt es vielleicht auch nicht mit einem Tier. Wobei man sagen muss, dass das extremst selten vorkommt. Das heißt, selbst Kinder, die noch überhaupt gar keine Impulskontrolle haben, im Zusammenhang mit dem Tier funktioniert es dann doch. Dann bekommt es das erste Mal mit "Ah, ich kann mich doch einmal zurücknehmen. Ah, ich muss doch nicht alles gleich ausführen, was irgendwie in meinem Körper hier gerade angeht."
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Und kommt es häufig vor, dass jemand sagt "So, das ist gar nicht meins"? Oder ist das sehr, sehr selten?
(Merle Schöne) Es ist eher selten. Eher selten und dann eher im Jugendalter. Und das hängt dann aber auch manchmal damit zusammen, dass diese Jugendlichen gerade grundsätzlich gar nichts wollen oder überhaupt mal die Möglichkeit bekommen, sich gegen etwas zu entscheiden und dann auch ausprobieren können: Ich möchte mal Nein sagen. Ich möchte irgendetwas nicht, und das dann auch durchsetzen können. Genau, das können dann mal so Phasen sein, aber es ist tatsächlich eher die Minderheit, die sich dagegen entscheidet.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Aber kann ja auch eine Erfahrung sein. Hat ja auch mit Selbstwirksamkeit zu tun, dass ich sage, Nein und dann passiert das auch nicht, dass ich mich da abgrenzen darf. Vielleicht auch.
(Merle Schöne) Genau, genau. Und dann muss man sagen, wiederum gerade im therapeutischen Setting, weil das auch noch mal andere Kosten sind, die das einfach hervorruft, dass das hier und da auch einfach mal nicht genehmigt wird und dass auch die Stellen sich das Hin und Her schieben, mit "Wir sind nicht zuständig." Manchmal sagt das Jugendamt "Nee, nee, nee, das kommt ja aus der therapeutischen Richtung. Da sehen wir eher beispielsweise das SGB 12 irgendwie, was hier tragen sollte." Und von der Stelle kommt dann wiederum "Nein, nein, nein, das ist ja ein Kind, das gehört in die Kinder- und Jugendhilfe. Wir bezahlen das nicht." Und sich das da immer wieder hin und her spielen, das ist dann manchmal auch ein Ausschlusskriterium, dass es einfach nicht refinanziert ist.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Ja, vielleicht Stichwort Kosten, das ist jetzt schon so oft gefallen. Also ich kenne das im anwaltlichen Kontext tatsächlich ganz oft so mit schwerstbehinderten Kindern und Jugendlichen, wo eben die Frage ist, also es muss ja jetzt nicht die klassische Delfintherapie sein, sondern auch wirklich therapeutisches Reiten oder Arbeit mit Tieren im Allgemeinen, dass ja Kostenträger, ich sage mal ganz vorsichtig, da sehr zurückhaltend sind. Das ist so, ne?
(Merle Schöne) Genau. Und das ist auch mit ein Grund für unsere Forschung, weil es halt auch darum geht, gerade wenn ich ja irgendwo einen Antrag stelle, dass ich ja auch begründen muss, warum und warum die Kosten übernommen werden sollen und sich da häufig von Kostenträgerseite aus die Frage nach der Wirksamkeit stellt. So, ist das wirksam? Lohnt sich das für uns, da Geld reinzuinvestieren? Genau. Und deswegen ist die Kostenfrage für uns auch relevant.
(Prof. Dr. Wolfgang Becker) Und das ist sicherlich dann natürlich auch ein Interesse, was die Geschäftsführerin des VHS-Bildungswerkes, die Frau Brademann, natürlich auch im Auge hat, aufgrund unserer Forschungsergebnisse, wenn sie denn in diese Richtung gehen, eine gewisse empirische Evidenz zu zeigen. Dass da positive Effekte sind in die Richtung, wie diese stationäre Betreuung angelegt ist, das ist sicherlich ein ganz zentraler Punkt. Und es soll ja auch so sein, dass unsere Ergebnisse nicht nur für diese Einrichtung relevant sind, sondern möglicherweise auch für andere Einrichtungen in unserem Stiftungsverbund, die ähnliche sozialpädagogische Angebote machen. Aber letztendlich soll es auch darüber hinausgehen, generell gewisse Hinweise zu geben für Einrichtungen außerhalb des Verbundes, die in diese Richtung gehen wollen. Ich denke, dass dieses Projekt einen gewisse Pilotcharakter hat, eine gewisse Turmfunktion und wir als Forscher gehen jetzt mal in dieses Feld, in dieser Form hinein und würden natürlich und müssen an sich auch weitergehen. Das heißt, nach diesen neun Monaten ist das Feld nicht erforscht, sondern wir haben erst mal ein bisschen das Terrain sondiert und gewisse Grundmuster möglicherweise herausgearbeitet. Aber das sollte aus unserer Sicht natürlich weitergehen, intensiver gehen, weil natürlich letztendlich auch die Frage ist, was sind nicht nur die die kurzfristigeren Wirkungen, Effekte, sondern was ist über die Zeit? Also wie ist es denn, wenn man jetzt ein kontinuierliches Angebot macht? Und wir haben ja eben schon darauf hingewiesen, dass wir in diesen Einrichtungen der stationären Kinder- und Jugendhilfe eine relativ hohe Fluktuation haben, also dass die Kinder und Jugendlichen reinkommen in die Betreuung und dann aus verschiedenen Gründen, was auch immer, dann wieder rausgehen wollen oder rausgehen müssen. Und das ist natürlich jetzt auch für den Heimalltag eine gewisse Fluktuation, die ja nicht eine Stabilität hat, sondern es ist– immer kommen neue Personen dazu. Und deshalb muss man schauen, wie man solche tiergestützten Interventionen dann Und das ist natürlich jetzt auch für den Heimalltag eine gewisse Fluktuation, die ja nicht eine Stabilität hat, sondern es ist immer kommen neue Personen dazu. und deshalb muss man schauen, wie man auch dann solche tiergestützten Interventionen dann passend auch integriert. Das muss man sich genau anschauen. Und wie gesagt, letztendlich entscheidend sind jeweils die die Einrichtungen spezifischen Gegebenheiten. Und das ist natürlich jetzt auch für den Heimalltag eine gewisse Fluktuation, die ja nicht eine Stabilität hat, sondern es ist immer kommen neue Personen dazu. und deshalb muss man schauen, wie man auch dann solche tiergestützten Interventionen dann passend auch integriert. Das muss man sich genau anschauen. Und wie gesagt, letztendlich entscheidend sind jeweils die die Einrichtungen spezifischen Gegebenheiten. Es gibt kein Pauschalkonzept, was wir entwickeln wollen oder können, das ist ganz klar. Aber wir können möglicherweise Hinweise geben und Anhaltspunkte und in der Exploration hier Erfahrungen, die empirisch basiert sind.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Ja, ich habe gelesen, es soll dazu dienen, vertrauensvolle Beziehung aufzubauen und gleichzeitig die Gefahr einer Retraumatisierung verringern. Kann man schon erste Erkenntnisse sagen? Kann man schon irgendeine Richtung geben oder noch gar nichts?
(Merle Schöne) Also wir sind noch mit der Auswertung der Daten beschäftigt, deswegen gibt es jetzt noch keine feststehenden Ergebnisse. Es gibt so Tendenzen, die auf gewisse Dinge hinweisen. Das sind so Themen wie Entspannung, vertrauensfördernd. Solche Stichworte kommen da oder solche Kategorien bilden sich da schon raus. So viel kann man dazu schon sagen. Genau. Es ist stehen nur halt die endgültigen Ergebnisse noch nicht fest.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Es reicht ja hier auch. Eine Tendenz ist völlig ausreichend. Ja, aber das ist doch gut. Und ja.
(Prof. Dr. Wolfgang Becker) Vielleicht noch ein kurzer Hinweis zur Methodik, um zu verstehen, wie wir letztendlich zu solchen Aussagen kommen können. Eben ja schon angesprochen, methodisch natürlich eine Herausforderung daranzukommen. Was wir machen. Wir bewegen uns natürlich stärker auf der qualitativen Ebene, also nicht auf der quantitativen Ebene. Es hängt auch ein bisschen mit der Zahl der Kinder und Jugendlichen zusammen, die in unserer Untersuchung drin sind. Aber was machen wir? Was haben wir gemacht in der Datenerhebung? Einerseits haben wir sogenannte teilnehmende Beobachtung gemacht. Also Merle war vor Ort, da kannst du vielleicht gleich noch kurz was zu sagen und geguckt, wie das ist, wenn diese tiergestützte Intervention abläuft. Und zum Zweiten haben wir natürlich sogenannte leitfadengestützte Interviews geführt, sowohl mit den Bewohnern und Bewohnerinnen, den Kindern und Jugendlichen, als, was natürlich wichtig ist, auch mit dem Personal, mit dem Fachpersonal, den Betreuern und Betreuerinnen und alles zusammen wird dann zusammengefügt, mit ein paar Strukturdaten natürlich zu den beiden Einrichtungen, von der Größe, von der Bewohnerstruktur etc. Zahl des Personals. Und das wird dann unsere Datenbasis für die Auswertung.
(Merle Schöne) Genau. Ja, das waren sehr spannende Feldaufenthalte, auf jeden Fall, wo mir auch mit sehr viel Offenheit begegnet wurde. Das kann man so sagen. Also tatsächlich von der Therapeutenseite, weil auch die mussten mir erst mal die Genehmigung geben, dass ich überhaupt mit dazukommen kann, als auch das pädagogische Personal und die Kinder und Jugendlichen selbst natürlich in erster Linie. Genau. Und es ist halt tatsächlich so dieses, dass wir da so ein Stück weit Neuland betreten, weil es halt schon einiges an Forschung gibt zu therapeutischen Settings, also wo Menschen von zu Hause zur Therapie gehen und die ist dann tiergestützt und was macht das so? Was es aber wiederum im pädagogischen Setting ausmacht, dazu gibt es halt noch nicht allzu viel. Genau. Und ja, da waren das einfach sehr spannende Gespräche, Unterhaltungen als auch Beobachtungen.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Und wenn man jetzt mal so ein bisschen auf die Ergebnisse, also jetzt gar nicht inhaltlich, sondern was wäre denn so aus Sicht der Forschenden das bestmögliche Ergebnis, was man, was man hier feststellen könnte?
(Merle Schöne) Also was besonders spannend und interessant ist für uns, für die Einrichtung, für die Zukunft, ist: Welche Auswirkungen haben denn diese tiergestützten Interventionen auch auf die pädagogische Arbeit und auf den Gruppenalltag? Wenn man da nämlich nachweisen kann, dass es in irgendeiner Form die Arbeit bereichert und die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen fördert, dann kann man nämlich darauf aufbauen und gucken: Okay, inwieweit können diese Konzepte eventuell ausgebaut werden, wie kann man die Refinanzierung stabiler auf Zukunftsperspektive sichern etc. Das wäre ganz interessant, wenn das–
(Prof. Dr. Wolfgang Becker) In dem Zusammenhang noch der Hinweis, dass was ja in diesen Einrichtungen passiert ist, ja in einer gewissen Form vertraglich festgelegt. Es gibt Ziel Leistungsvereinbarungen, es werden Ziele, Therapieziele formuliert und entsprechende Leistungen und das ist die Basis für die für die Kostenstellung, für die Kostenfestsetzung und für die Finanzierung dessen, was dann der Kostenträger, in der Regel die Jugendämter, dann den Einrichtungen dann überweisen. Wenn unsere Ergebnisse in die Richtung gehen als bestmögliches Ergebnis, dass wir hier diese Nachweise bringen können, dann ist es natürlich bei den zukünftigen Verhandlungen, jetzt konkret des Bildungswerkes, natürlich gegenüber den Kostenträgern von Vorteil zu sagen "Also wir haben hier jetzt diese Möglichkeit tiergestützte Intervention zu machen, mit denundden Effekten und das begründet jetzt ein zusätzliches Leistungsangebot zu machen und dafür entsprechende Kosten anzusetzen" und die dann auch finanziert werden. Und wenn das passiert, dann ist es natürlich auch vom Pädagogischen her eine andere Ausgangsposition, weil die Einrichtungen dann Geld haben, um ihr Konzept zu erweitern, anzupassen in Richtung dessen, was mit tiergeschützter Intervention zu tun hat. Das ist der Punkt, der glaube ich wichtig ist, auch in diesem Bereich eine gewisse Systematik reinzukriegen und eine gewisse Orientierung dessen, was man eigentlich machen kann. Auch vor dem Hintergrund der Verhandlung mit dem Kostenträger. Das wird ja momentan in der Einrichtung nicht prioritär gemacht, sondern es wird additiv ergänzend gemacht, teilweise aus den Ressourcen, die man so eh aus anderen Kostenstellen bekommt. Und die Hoffnung ist da, jetzt eine eigene Kostenstelle dafür zu bekommen, um das dann auch von den Ressourcen her entsprechend auffüllen zu können und in die Richtung dann zu gehen.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Vielleicht sprechen wir noch mal über die Frequenz. Wie oft wird denn so ein Angebot überhaupt gemacht, damit man mal so eine Vorstellung hat. Also sprechen wir von einmal wöchentlich, oder...?
(Merle Schöne) Genau, das ist unterschiedlich. Bei der Reittherapie ist es tatsächlich alle zwei Wochen, für das sind so 2 bis 3 Stunden, die das Ganze dann umfasst. Bei dem pädagogischen Reiten ist das ganz anders. Weil das aber individuell auf den Hof angepasst ist, der halt dieses Angebot macht. Da können nämlich die Bewohner*innen theoretisch zweimal die Woche hin und haben dann dort auch Reitunterricht, haben aber zusätzlich tatsächlich noch die Möglichkeit, jederzeit bei Bedarf hinzugehen. Weil das aber der Hof einfach ermöglicht, ohne dass da für jede Minute irgendwie eine Abrechnung erstellt wird. Da geht es einfach darum, wenn die Jugendlichen sich gerade emotional extrem instabil fühlen und gerade das Gefühl haben, ich brauche jetzt irgendwie Kontakt zum Pferd, dann haben sie die Möglichkeit, auch sieben Tage die Woche dort aufzuschlagen und sich da was abzuholen. Das ist aber einfach dem Fall geschuldet, dass der Hof das einfach ermöglicht.
(Prof. Dr. Wolfgang Becker) Und das sind die Rahmenbedingungen, die relevant sind. Also der Standort der Einrichtung ist ein entscheidender. Gehen wir in die städtischen Verdichtungsräume, also in Großstädte wie hier in Hamburg, ist das etwas anderes, als wenn wir in die ländlichen Regionen hineingehen. Die beiden Einrichtungen sind in Sachsen-Anhalt, und das ist eher ländlich strukturiert. Und es ist eine ganz andere Konstellation. Das muss man berücksichtigen. Man muss natürlich auch schauen, wenn man das machen will, ungeachtet jetzt Stadt, Land und den Rahmenbedingungen, wie man jetzt die passenden Tiere bekommt, um sie dann auch einzusetzen. Die laufen ja nicht einfach jetzt so frei durch die Landschaft, sondern das ist eine Aufgabe, das kostet möglicherweise auch Geld. Und das andere natürlich: Fachpersonal, eine entsprechende Qualifikation des Personals zu haben, weil man kann ja nicht einfach sagen okay, jetzt machen wir was mit Pferden und die Pädagoginnen, die Jugendpädagoginnen sagen okay, jetzt mach mal, und haben gar keine entsprechende Vorerfahrung. Das ist auch ein Thema, was wir im Auge haben, wenn wir unsere Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen dann ausformulieren. Es muss an sich, wenn dann richtig angepackt werden und man muss es in irgendeinem Konzept dann auch machen.
(Merle Schöne) Genau das geht nochmal so um das Thema vom "systematischen Einsatz von", weil, was weiß ich, nur weil ich in einer Einrichtung im Hinterhof einen Kaninchenstall aufstelle, heißt das nicht gleich, dass dort tiergestützt gearbeitet wird. Sondern es geht tatsächlich darum, das systematisch einzusetzen und dann halt auch von Fachpersonal, was entsprechend eine Ausbildung dafür dann wiederum benötigt.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Dann kann man sich vorstellen, so ein Kaninchenstall wäre vergleichsweise günstig im Vergleich zu so einem Pferd.
(Merle Schöne) Ja, ja, ja und theoretisch auch sicherlich in mehr Einrichtungen umsetzbar. Also, dass man da nicht ganz so standortgebunden ist. Aber das wäre eine weiterführende Frage. Tatsächlich so für die Zukunft. Welche Konzepte gibt es noch? Wie wirken die?
(Prof. Dr. Wolfgang Becker) Und eine weitergehende Fragestellung, die uns natürlich auch interessiert, ist folgende: Wie sieht es denn eigentlich in Deutschland aus in den stationären Jugendhilfeeinrichtungen? Wie viel wird denn mit tiergestützter Intervention eigentlich gemacht? Also wie viel wird mit Tieren gearbeitet? Also da wäre von unserem Forschungsinteresse natürlich so eine Befragung, Erhebung bundesweit in den Einrichtungen ganz spannend, um zu gucken, wie viele machen das denn eigentlich? Oder wie viele machen das nicht? Und diejenigen, die es machen? Wie machen sie es? Mit welchen Erfahrungen wiederum? Weil, wie gesagt, das ist jetzt eine Einzelfallstudie. Also es sind zwei Einrichtungen, fokussiert auch auf einen bestimmten Standort oder auf zwei Standorte. Das ist gut und wichtig. Das weitergehende wäre und das denke ich, würde auch dem ganzen Konzept guttun, wenn man dann darüberhinausgehende verallgemeinerungsfähige Erkenntnisse hätte. Und da wäre die Basis erst mal eine Bestandsaufnahme zu machen, was wo wie eingesetzt wird. Mit welchen Erfahrungen.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Da haben wir drüber gesprochen: Neun Monate läuft dieses ganze Forschungsprojekt. Das heißt, wann kann man mit den endgültigen Ergebnissen ungefähr rechnen?
(Merle Schöne) Im Januar. Also im Januar, hätten wir es dann schriftlich fertig.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Und dann hängt es von den Ergebnissen ab, wie es weitergeht. Oder ist dann sozusagen erst mal dieses Projekt abgeschlossen und man guckt dann, ob es dann wirklich noch mal eine Bestandsaufnahme oder was auch immer gibt.
(Prof. Dr. Wolfgang Becker) Ja, das Projekt ist für neun Monate finanziert, so wie es bei jedem Drittmittelprojekt ist. Da haben sie einen festen Zeitrahmen. Wir liegen auch gut im Zeitrahmen. Das heißt, wir müssen unser Projektmanagement nicht verändern. Wir haben im April angefangen und haben gesagt, wir brauchen neun Monate in der Form, wie wir es machen. Und ja, das ist wie sonst auch jetzt dann der Punkt zu schauen, wie wir an Folgeprojekte und neue Projektmittel kommen, in welcher Form auch immer. Ich hatte das eben angesprochen. Das Interesse der Stiftung Bildung und Beruf, die das ja finanziert, ist natürlich auch verbundintern zu gucken. Gibt es dafür Einrichtungen, die das machen? Wenn dem so ist, ist das für uns natürlich auch ein Ansatzpunkt zu sagen, okay, dann würden wir da möglicherweise auch noch mal wissenschaftlich mit einsteigen im Sinne einer Erhebung der Erfahrungen, das zu evaluieren. Und ansonsten gehen wir den Weg wie sonst auch, dass wir die Ergebnisse dann auch in der scientific Community natürlich entsprechend kommunizieren. Merle wird im Februar auf einem Fachkongress in Frankfurt sein, um unter anderem die Ergebnisse vorzustellen. Und wir gucken natürlich auch, wie wir ins passende Fachjournal, eine Fachzeitschrift reinkommen. Und ansonsten machen wir die Augen und Ohren auf und gucken, wo gibt es Fördergelder, die passen. Da muss man dann halt mal schauen, ist ein spezielles Thema. Das wird sicherlich nicht in die laufenden Förderrichtlinien reinpassen, aber da wird sicherlich auch das eine oder andere mal zu überprüfen sein, Kontakte zu knüpfen und zu schauen, was da weiter gehen kann.
(Merle Schöne) Ja.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Ja, wunderbar. Das klingt schon so nach Schlusswort. Dann sind wir auf jeden Fall ganz gespannt auf die Ergebnisse. Ich kann mir vorstellen, ganz viele Tierfreunde sind auch gespannt, ob es sozusagen da wissenschaftliche Erkenntnisse gibt, die vielleicht das bestätigen, was man möglicherweise intuitiv schon bejahen würde. Dass so ein Tier guttun kann, Das sehen wir ja auch in vielen Bereichen. Also viele Grundschulen haben ja so Schulhunde und all solche Dinge. Also da gibt es ja ganz, ganz viele Beispiele. Aber an der Stelle bedanke ich mich erstmal ganz herzlich für das Gespräch und für das spannende Projekt. Und ja, wer weiß, vielleicht setzen wir uns dann im nächsten Jahr noch mal zusammen und sprechen über die Ergebnisse. Aber bis hierhin erstmal ganz herzlichen Dank.
(Merle Schöne) Ja, sehr gerne und vielen Dank für die Einladung.
(Prof. Dr. Wolfgang Becker) Ja, auch von meiner Seite aus vielen Dank.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Vielen Dank!

Seite