Transkript Die Zukunft der Pflege
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Herzlich willkommen zu einer neuen Folge. Heute soll es gehen um ein Thema, was ja auch ganz viel in der Presse in den letzten Wochen und Monaten Thema war, was uns, glaube ich, auch schon ganz lange beschäftigt und jeden persönlich, entweder als Privatperson oder dann auch in der beruflichen Rolle tangiert. Und zwar soll es heute gehen die Zukunft der Pflege. Und ich freue mich ganz besonders über eine Gesprächspartnerin, die aus ganz unterschiedlichen Perspektiven dazu was sagen kann und hoffentlich auch ganz viel sagen wird. Und liebe Manuela, stell dich gerne selber einmal vor.
(Dr. rer. pol. Manuela Grimm) Ja, vielen Dank für die Einladung. Mein Name ist Manuela Grimm. Ich bin wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hamburger Fernhochschule im Fachbereich Gesundheit und Pflege und ich habe eine Ausbildung zur Krankenschwester gemacht, dort auch in verschiedenen Bereichen gearbeitet, also im Krankenhaussektor, im ambulanten Bereich auch kurz und habe dann Soziologie studiert und in meiner Dissertation zu Themen wie dem beruflichen Selbstverständnis oder der Rolle der Pflege geforscht.
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Ja, damit haben wir also sozusagen den idealen Gesprächspartner. Perfekt.
(Dr. rer. pol. Manuela Grimm) Danke.
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Und dann steigen wir gleich mal ein. Wenn man auf die berufliche Pflege guckt, da hat sich, glaube ich, ganz viel verändert in den letzten Jahren vielleicht noch mal, aber auch schon in den letzten Jahrzehnten. Vielleicht können wir mal so ein bisschen den Blick zurück wenden und einfach mal so ein bisschen auf die Veränderung blicken.
(Dr. rer. pol. Manuela Grimm) Ja, also es sind vor allem zwei große Themen, die wenn man sich die Pflege rückblickend anguckt, das ist einmal die Ökonomisierung im Gesundheitswesen, der ja nicht nur den Krankenhaussektor betrifft, sondern auch alle anderen Bereiche eigentlich und die Professionalisierungs- und Akademisierungsprozesse in der beruflichen Pflege, also die jetzt ja auch schon eigentlich seit Ende, seit den neunzehnneunziger Jahren forciert werden und so sich immer mehr Pflegestudiengänge auch entwickelt haben. Am Anfang eher nur für Leitungskräfte und für pädagogische Pflegekräfte. Und jetzt gab es dann aber auch eine Öffnung für primär qualifizierende Studiengänge und die Pflegewissenschaft ist sehr im Kommen und es gibt viele Studiengänge und viele, viele Bemühungen, auch die Akademisierung und Professionalisierung der Pflege voranzutreiben. Das ist so ein ganz großer Bereich, der sich da verändert hat. Und der andere Bereich, die Ökonomisierung. Darüber gibt es ja auch schon wahnsinnig viele Studien und und ganz viele Ergebnisse, dass sie die Arbeitssituation der Pflege massiv auch beeinflusst hat, die personelle Situation der Pflege, dass auch Ausstieg aus dem Pflegeberuf ein ganz großes Thema ist, was im Zuge der Ökonomisierung dann aufgekommen ist und das eben auch die berufliche Pflege deutlich beeinflusst. Also das sind so aus meiner Sicht die beiden ganz großen Themenfelder, wenn man zurückblickt.
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Das hängt ja auch immer relativ stark, glaube ich, so mit dem Selbstverständnis der Pflege zusammen. Da gibt es, glaube ich, auch relativ große Veränderungen, wenn man da noch mal so ein bisschen zurückblickt.
(Dr. rer. pol. Manuela Grimm) Ja, also am Anfang, war die berufliche Pflege, hat sich entwickelt als als Frauenberuf, als oder als Berufung gesehen oder so. An der Stelle ist halt auch immer die Frage, was ist dann eine Zuschreibung? Also was kommt von außen an die Pflege heran oder was ist tatsächlich entspricht dem tatsächlichen beruflichen Selbstverständnis? Aber auf jeden Fall waren da Pflege als Berufung, als dienende Tätigkeit, als Liebesdienst am nächsten. Das sind so Stichworte, die das berufliche Selbstverständnis zu Anfang kennzeichnen. Und das hat sich dann im Laufe der Jahre auf jeden Fall oder der Jahrhunderte gewandelt. Es gab aber auch schon Ende des neunzehnten Jahrhunderts Bestrebungen, die Pflege zu verberuflichen, also Ausbildungsstrukturen zu schaffen, die Arbeitszeit zu verbessern und auch mehr Freiheit für die Pflegekräfte da zu fordern. Jetzt aktuell, also der der Prozess der Verberuflichung hat sich auf jeden Fall durchgezogen und aktuell würde ich sagen, gibt es einmal so dass das Pflegeverständnis von Pflege als Beruf und dann gibt es dann eben halt auch noch das das relativ neue Verständnis von Pflege als Profession. Also das berufliche Selbstverständnis basiert dann sehr auf dem Fachwissen und auch dem Erfahrungswissen, was die Pflegekräfte mit mitbringen, also durch ihre Ausbildung, aber eben dann auch durch ihre Tätigkeit in der Pflege und das professionelle Verständnis. Da geht es dann viel darum, dass eben wissenschaftliche Erkenntnisse und auch evidenzbasierte Pflege forciert wird, also dass versucht wird, eine wissenschaftliche Grundlage für die Pflege als eigenständige Disziplin zu schaffen. Und was aber beide eigentlich so ein bisschen eint, ist, dass das der Kern auf jeden Fall die Patientenorientierung ist, also das wird jetzt, glaube ich, in beiden Selbstverständnissen, ich nenne es jetzt mal so, also es gibt bestimmt auch noch mehr Überschneidungen, aber dass beides ist orientiert auf die Patienten und das ist auch ein wichtiges Qualitätsmerkmal in der Pflege.
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Und dieser Wandel im Selbstverständnis, egal jetzt ob von außen oder von innen, ist maßgeblich getriggert worden wahrscheinlich durch die Akademisierung.
(Dr. rer. pol. Manuela Grimm) Ja, das ist auf jeden Fall ein ganz, ganz großer Punkt. Und die Akademisierung ist ja auch etwas, was in anderen europäischen Ländern und auch in den USA schon viel eher und viel stärker forciert wurde und in Deutschland eben auch und aber in Deutschland ist es eine ein Sonderweg der Akademisierung, weil die nicht für alle beruflich Pflegenden angestrebt wird, sondern nur für einen bestimmten Prozentsatz. Also da gibt es dann eben die Ideen zum Qualifikationsmix in der Pflege, dass es vom Wissenschaftsrat aus waren es glaube ich zehn bis zwanzig Prozent, die akademisch qualifiziert sein sollen und der Rest soll weiterhin dann eben in der beruflichen Ausbildung qualifiziert werden.
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Und jetzt könnte ich mir vorstellen, so eine Akademisierung, gerade wenn es sozusagen nur einen Teil betrifft, führt ja zwangsläufig, würde ich fast sagen, zu Spannungen von Theorie und Praxis, oder?
(Dr. rer. pol. Manuela Grimm) Ja, das würde ich auch so sehen. Also zumal es auch, glaube ich, immer noch recht schwierig ist, als Akademie, also da weiß ich nicht ganz genau Bescheid, aber als akademisierte Pflegekraft einen beruflichen Platz zu finden. Also da gehört ja auch dazu, dass auch die Unternehmen und die Krankenhäuser da einen Raum bieten und Platz bieten. Und das ist, glaube ich, zum Teil auch noch schwierig. Und die Spannung zwischen Theorie und Praxis finde ich tatsächlich am ehesten in diesem Qualifikationsmix oder in dieser, da steckt ja dann eben halt auch so eine Hierarchisierung mit drin. Und Themen wie Anerkennung und Wertschätzung und auch Handlungsspielräume sind ja auch in der beruflichen Pflege schon lange Themen, die wirklich ausgiebig diskutiert werden, die Problemfelder sind, die auch dazu führen, dass Leute diesen Beruf dann möglicherweise nicht ergreifen oder rausgehen aus dem Beruf. Genau, wenn dann diese Hierarchisierung oder diese Wertigkeit der Tätigkeiten, die schnell mit drin ist, also dass bestimmte Tätigkeiten in der Pflege dann eben einen höheren Stellenwert haben als andere. Also Grundpflegetätigkeiten haben in der Regel eher einen niedrigeren Stellenwert als jetzt Behandlungspflege oder dann möglicherweise eben die professionell akademisierte Pflege. Und ich glaube, dass das dann das große Problem ist, also dass da die Frage ist, wo finden sich dann die nicht akademisch qualifizierten Pflegekräfte ein? Und wenn das eh schon problematisch ist, da mit der Anerkennung und der Wertschätzung, wie kann man dann diesem Problem begegnen? Also ich glaube, dass die Akademisierung eine große Rolle spielt, einen eigenständigen Pflegebereich zu entwickeln, was ja auch wichtig ist für Wertschätzung und Anerkennung, dass man aber wirklich genau gucken muss, wie nimmt man die einzelnen Parteien mit und ja, sich dann auch Fragen stellen, warum in Deutschland dieser Weg verfolgt wird und nicht eine Akademisierung für alle professionell Pflegenden angestrebt wird oder eben halt...
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Ja, aber das ist doch ein gutes Stichwort. Also wir sind ja, glaube ich, in Deutschland in vielen Bereichen immer sehr gut, einen möglichst komplizierten Sonderweg zu wählen. Es gibt ja ganz viele Beispiele, auch in anderen Bereichen. Wenn wir, und das hattest du ja schon angesprochen, jetzt mal den Blick über Deutschlands Grenzen schweifen lassen und mal gucken, wie machen es denn andere europäische Länder oder auch weltweit? Mal schauen, du hattest die USA angesprochen. Da ist man ja in dieser Frage, glaube ich, durchaus weiter. Da macht man es ganz anders. Nun ist ja, das ist ja auch kein Geheimnis, dass deutsche Gesundheitswesen ja gerade aktuell unter massiven Druck auf ganz, ganz vielen Ebenen. Und da ist ja für mich immer so ein bisschen die Frage: Muss man das Rad immer neu erfinden oder kann man nicht einfach mal schauen, was kann man an Ideen übernehmen von Dingen, wo es einfach woanders gut läuft, wo man vielleicht auch was erprobt hat und festgestellt hat, das funktioniert. Könntest du uns da vielleicht ein oder zwei Beispiele geben aus dem Ausland, wo du sagst: „Mensch, das wäre eigentlich ein guter Weg, der könnte hier auch ganz gut funktionieren?
(Dr. rer. pol. Manuela Grimm) Ja, also ich weiß, dass es in Schweden und auch in den anderen skandinavischen Ländern, dass einfach die Akademisierung der Pflegekräfte da quasi die Ausbildung ist. Also sie werden akademisch qualifiziert, Pflegefachkraft zu werden. Und zwar jetzt nicht nur irgendwie zehn bis zwanzig Prozent, wie das hier in Deutschland gewünscht ist, sondern und Pflegefachkraft zu werden, werden eben alle akademisch ausgebildet. Und natürlich gibt es da auch dann Pflegeassistenzkräfte, die dann andere Tätigkeiten übernehmen. Aber ich glaube, dass so eine einheitliche Idee auf jeden Fall helfen könnte. Also wenn Pflege akademisiert werden sollte, warum dann nur so ein kleiner Teil? Und in anderen Ländern funktioniert das ja auch gut, dass da eben der übliche Weg diese Akademisierung ist. Jetzt ist dann wahrscheinlich die Frage, was ist dann mit dem Fachkräftemangel? Und wenn die Zulassungsvoraussetzungen erhöht werden, um den Pflegeberuf zu erreichen, dann hat man da möglicherweise auch Menschen, die dann den Beruf nicht erreichen können, weil sie die Qualifikation nicht haben. Da müsste man dann auch noch mal gucken. Aber ich glaube, dass das ganz Wichtige ist, eben halt dieser einheitliche Strang. Und in Deutschland habe ich so das Gefühl, dass es so verschiedene Positionen gibt und auch verschiedene Interessenslagen. Und die Akademisierung wird vorangetrieben für einen kleinen Teil der Pflegekräfte. Die ökonomische Drucksituation sorgt dafür, dass eben auch gerade das Pflegemanagement sehr betriebswirtschaftliche Aufgaben auch übernehmen muss, sich damit dann auch ein Stück weit von der originären Pflegetätigkeit entfernt und eben andere Interessensgebiete mit beachten muss. Und das sind so ganz viele verschiedene Interessensstränge und das ist, glaube ich, ein großer Punkt, der es schwierig macht, also der es auch schwierig macht, alle Pflegekräfte mitzunehmen.
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Aber wenn ich das richtig weiß, dann ist es in Skandinavien ja auch zum Beispiel so, dass ja Pfleger auch ganz andere Kompetenzen hat qua Ausbildung. Also weil sie anders ausgebildet werden, dürfen sie eben durchaus mehr als hier in Deutschland. Und das ist ja, kann man so aus anwaltlicher Perspektive sagen, auch ein ewiges Thema, was wer auf wen delegieren darf, was man substituieren darf. Und da spielt ja auch, finde ich, immer eine ganz zentrale Rolle. Je mehr ich abgebe, auch so von ärztlicher Seite auf die Pflege und von Pflege dann auf irgendwelche Hilfskräfte, das hat ja auch immer so 'n gefühlten Bedeutungsverlust zur Folge, also man möchte manchmal auch gar nicht so gerne was abgeben. Jedenfalls entsteht der Eindruck und ich habe so für Krankenhäuser wahnsinnig viele Fortbildungen schon gemacht in den letzten zwanzig Jahren zum Thema Delegation und das ist eigentlich ja relativ einfach, finde ich, zu erklären, was darf ich delegieren, was darf ich nicht delegieren? Und trotzdem habe ich ganz oft den Eindruck gehabt, mein subjektiver Eindruck, natürlich nur, dass das auch immer gar nicht so unbedingt gewünscht war. Kannst Du da auch was zu sagen aus deiner persönlichen Erfahrung vielleicht?
(Dr. rer. pol. Manuela Grimm) Ja, also ich glaube schon, dass das die diese traditionellen Strukturen des Gesundheitssystems in Deutschland, also die große doch Vormachtstellung der der ärztlichen Profession und auch halt die Entwicklung, der die geschichtliche Entwicklung ist ja auch so, dass dass die Ärzte schafft immer eher, also, ne, die waren die Ansage und die Pflege hat dann quasi ja zugearbeitet. Ich glaube schon, dass das ein großes Feld ist, da zu gucken, welche Aufgaben könnten, denn Pflegekräfte gut übernehmen, ohne dass das jetzt irgendwie problematisch wird und welcher bei welchen Aufgaben eben halt nicht, dass es gibt da ja jetzt auch schon verschiedenste Bemühungen. Also es gibt in der Pflege jetzt Vorbehaltsaufgaben, also wo dann tatsächlich erstmal erstmalig Aufgaben definiert wurden, die dann in den rein pflegerischen Bereich fallen. Und es gibt ja jetzt auch mit dem, es gibt das Pflegekompetenzstärkungsgesetz oder das Pflegekompetenzgesetz, was jetzt entwickelt wird, soll ja auch die Kompetenzen der Pflegenden stärken und eigenständigere Arbeitsbereiche da schaffen. Und dann, dass es dann aufgeteilt wird nach heilkundlichen Tätigkeiten, die Pflegekräfte übernehmen oder erweiterte heilkundliche Tätigkeiten, die dann die dann studierte Pflegekräfte übernehmen sollen. Also es ist auch von Seiten der Politik was in Bewegung, aber es ist immer eher bisschen zäh und das läuft dann immer so Modellvorhaben und also es ist gefühlt dauert es lange, bis sich so was dann auch irgendwie auch nur ansatzweise in die Praxis bewegt. Also ich habe in meiner Tätigkeit Delegation, das war dann eben Blutentnahmen und solche Sachen, die wurden dann delegiert. Aber dass das darüber hinaus jetzt irgendwie großartig eigenständige Arbeitsbereiche entstanden sind, also außer halt so Pflegeanamnese, Pflege Erhebung, das auf jeden Fall ja, aber darüber hinaus ist es schon immer im kleinen Rahmen geblieben, so.
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Wir haben ja immer son bisschen so diese Diskrepanz, Pflege als helfende Hand und Pflege als systemrelevante Schlüsselprofession. Und sozusagen zwischen diesen beiden Polen ist ja 'n großer Bereich, den man ja auch ausfüllen könnte und ausfüllen müsste. Und wie immer ist es vermutlich auch sinnvoll, weder das eine noch das andere Extrem zu sehr zu bedienen. Aber ich mein, in diesem Rahmen dazwischen wäre ja auch genug Platz. Hättest Du 'ne Idee, was da helfen könnte?
(Dr. rer. pol. Manuela Grimm) Was auf jeden Fall helfen könnte, wäre der Punkt Anerkennung und Wertschätzung. Also auch für die Pflegekräfte, die beruflich qualifiziert sind. Dass das einfach da tatsächlich mehr auf Augenhöhe diskutiert, wird in dem Sinne, dass man sie sie ernst nimmt als Expertinnen und Experten für ihren Bereich. Und es ist, ich habe das auch in in meiner Dissertation so son bisschen gesehen, so dass es immer eine Frage ist, wie schaue ich auf die Pflege? Also wie ist mein Blick auf die Pflege? Sehe ich die Pflege als als eine Berufsgruppe an, die ich jetzt irgendwie anleiten und führen muss, damit sie jetzt unter den neuen Umständen funktioniert? Oder sehe ich die Pflege als als halt Expertin an und hole sie mit ins Boot und gebe ihnen auch Mitsprachemöglichkeiten bei den ganzen Neustrukturierungen, die da grade passieren. Und ja, also es ist oftmals habe ich das Gefühl, also bestimmt nicht in allen Bereichen und auch bestimmt nicht alle leitenden Pflegekräfte, aber dass dieser Blick auf die Pflege, zumindest die die beruflich qualifizierte Pflege als eine Berufsgruppe, die es dann doch irgendwie noch 'n bisschen zu führen und anzuleiten gibt, dass der schon auch da ist. Und ich glaube, das ist 'n Problem. Ja. Also das ist dann an der Stelle nicht so wertschätzend wird anerkennt, wie man sich das vielleicht wünschen würde.
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Und wir haben ja nun auch nicht nur in der Pflege ja, auch in anderen Bereichen ja so diese Thema Themen KI, Robotik, wir haben dieses Ressourcenthema, wir haben den Fachkräftemangel. Das heißt, wir haben ja ganz, ganz viele Themen sozusagen, die quasi immer schon mal da waren, aber jetzt ja geballt kommen und auch sehr dringend sind. Da ist für mich so ein bisschen die Frage, da spielt ja auch Ethik oder Pflegeethik find ich eine ganz große Rolle oder sollte eine große Rolle spielen. Wie siehst Du das? Welche Rolle werden so ethische Fragen in Zukunft grade in diesem Kontext spielen?
(Dr. rer. pol. Manuela Grimm) Ich glaub, sie spielen eine sehr, sehr große Rolle. Also Ethik im Gesundheits- und im pflegenden Bereich ist ja eh schon ein großes Thema, also was ja allein auch daraus resultiert, dass die Patientinnen und Patienten sich dann ganz oft in Situationen befinden, in denen sie hilfebedürftig sind und da dann eben auch einen besonderen Schutz, einen besonderen Schutz brauchen. Und wenn jetzt KI, Robotik, solche Themen Einzug halten in die Pflege, sollte man da schon auch genau gucken, was möchte ich jetzt damit erreichen? Wie schaffe ich es auch, dass es sicher ist? Also dass es auch sicher ist im Sinne von Datenschutz, Sicherheiten, das ist 'n riesengroßes Thema. Dass es dann aber auch eben eben sicher in der Anwendung ist, dass da jetzt keine Schwierigkeiten passieren. Und mache ich es jetzt als Unterstützung oder ersetze ich damit irgendwas? Also ich glaube, das sind Dinge, die auf jeden Fall immer gut mitbedacht werden müssen.
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Wenn wir so auf Pflegeroboter zum Beispiel gucken, ne? Das ist ja irgendwie auch, ich mein, man kennt das ja schon, wenn man irgendwo essen geht, da kommt ja dann unter Umständen kein Mensch mehr, sondern da kommt so 'n freundlicher Roboter angefahren, dem man dann da irgendwie sein Getränk abnimmt oder so. Wie siehst Du das grade in der Pflege? Du hast, find ich, zu Recht drauf hingewiesen, ich bin ja in, ich bin ja sehr vulnerabel in so 'ner Situation? Mir geht's nicht gut, ich bin krank, vielleicht bin ich auch schwer krank. Wie siehst Du da so Chancen und Risiken der der modernen Möglichkeiten, die wir da möglicherweise eben durch künstliche Intelligenz, durch Automatisierung, aber vielleicht auch wirklich durch Robotik haben?
(Dr. rer. pol. Manuela Grimm) Ja, ich glaube, es gibt da, genau, es gibt eben Chancen und und auch Risiken. Und die Chancen sind auf jeden Fall, dass man möglicherweise dann mehr Handlungsspielräume hat. Also dass auch Menschen, die jetzt zu Hause gepflegt werden, dass die durch so 'n so 'ne Unterstützung durch Robotik einfach auch ihre Eigenständigkeit noch 'n bisschen länger aufrechterhalten können und da Unterstützung erfahren, ohne dass da eine professionelle Pflegekraft ähm jeden Tag kommen muss. Und also an da, der Stelle ist es auf jeden Fall eine Chance. Genau, aber da, wie gesagt, muss man auch gut drauf achten, dass es dann auch 'n Unterstützung ist und dass es dann auch möglich ist, wenn irgendwas nicht funktioniert mit der Robotik oder keine Ahnung, dass man da sich Unterstützung holen kann. Also dass man doch reale Personen hat, die ein bisschen unterstützen und eben auch als Ansprechpartner da zur Seite stehen. Also dass es gut begleitet wird und auch gut, ich glaube, es ist 'n relativ neues Feld und dass da auch geschaut wird und auch evaluiert wird. Wie funktioniert das? Wo wo gibt es Probleme? Was ist mit der zwischenmenschlichen Aktion, die dann ja eine ganz andere, auf eine ganz andere, na ja, die an der Stelle ja so nicht stattfindet? Ähm, welche Bedeutung hat das? Was macht das mit den Patientinnen und Patienten? Also es ist einfach auch gut begleitet wird, auch vielleicht frühzeitig irgendwelche Risiken, die man jetzt vielleicht noch nicht so aufm Schirm hat, zu erkennen.
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Und wenn Du es jetzt in der Hand hättest, also wenn Du dir vielleicht auch was wünschen dürftest für die Pflege und selber auch 'n Impuls geben könntest, so im Sinne von als Gesetzgeber beispielsweise, damit man möglichst zeitnah sozusagen auch was umsetzt, was wäre das? Wo würdest Du so 'n Hebel sehen, wo man sagt, Mensch, da könnte man mal ansetzen, damit sich auch über diesen Modellcharakter, den Du ja angesprochen hast, wirklich mal was in der Fläche, in der Breite möglichst zügig verändert und tun kann?
(Dr. rer. pol. Manuela Grimm) Ich glaube, was ich mir wünschen würde und was ich sehr wichtig finde an der Stelle ist, ist tatsächlich die Pflegekräfte, die die jetzt die dreijährige Berufsausbildung haben, mehr mit ins Boot zu nehmen oder mehr zu versuchen, wie schaffe ich es, die Brücke zwischen der akademisierten Pflege und der beruflichen Pflege zu schlagen? Also, weil beide Seiten können ja auch voneinander profitieren. Also, dass man einfach mehr in die Praxis geht und die mehr mit ins Boot nimmt und auch zu verschiedenen Themen befragt, was sie jetzt grade brauchen. Natürlich sind dann ganz oft das das Hauptproblem die mangelnde Zeit und die mangelnden Ressourcen, so. Das ist schon klar, dass die Grenzen da leider aus ökonomischer Sicht eng sind, aber auch da wäre eine Überlegung, was wollen wir als Gesellschaft? Also welche Pflege wollen wir in Zukunft und was sind wir bereit dafür auszugeben? Ist tatsächlich auch eine Frage, find ich genau. Aber ich würde sagen, die Pflegekräfte an der Basis mehr mit ins Boot holen, diese Veränderungsprozesse, die ja wirklich groß sind, also wo jetzt dann auch die Digitalisierung noch mit reinkommt, das sind große Felder, die jetzt da grade irgendwie anstehen, also sie viel mehr mit ins Boot zu holen. Ja.
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Aber das ist das, also ich habe schon ganz oft mit Pflegekräften so Gespräche geführt und das ist eigentlich genau das, was alle durch die Bank sagen. Man entscheidet möglicherweise was, ohne sie mitzunehmen und das funktioniert in der Praxis einfach nicht.
(Dr. rer. pol. Manuela Grimm) Ja, genau.
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Und ich glaube, da sind wir dann auch bei dem Thema, was wir ganz oft sehen. Wenn man die Betroffenen nicht mitnimmt, dann kann man auch wahrscheinlich schlecht erwarten, dass es funktioniert.
(Dr. rer. pol. Manuela Grimm) Ja, genau. Oder dass sie dann freudestrahlend sagen, ja, wir machen das jetzt genauso.
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Super. Manuela, ich dank dir sehr, dass Du in deiner knappen Arbeitszeit dir die Zeit genommen hast, uns ein bisschen Einblick zu geben in die in die Zukunft der Pflege. Ich finde, da sind ganz spannende Themen dabei, die man vielleicht irgendwann in anderer Form auch noch mal vertiefen kann. Aber wir wollen ja hier immer nur so einen Impuls geben, einen Anstoß geben, vielleicht mal über das ein oder andere nachzudenken, mal zu reflektieren, wie es gehen könnte oder was vielleicht 'n Ansatz sein könnte. Und das haben wir hiermit getan. Insofern dank ich dir ganz, ganz herzlich für deine Zeit, dank dir für das Gespräch.
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Und ja, wenn es jemanden gibt, der sagt, ähm, er möchte sich auch mal dazu austauschen und auch mal so einen Impuls geben, dann freuen wir uns auch immer über Themenvorschläge oder auch über Gesprächspartner, dann einfach sehr gerne bei uns melden. Für heute sagen wir vielen Dank. Vielen Dank fürs Zuhören und ja, vielen Dank fürs Mitüberlegen, wie es denn möglicherweise gehen könnte. Lieben Dank, Manuela.
(Dr. rer. pol. Manuela Grimm) Ich sag auch vielen Dank.