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Transkript Alumna Katrin Florian

(Prof. Dr. Birgit Schröder) Herzlich willkommen, eine zweite Folge. Wir starten mit einer zweiten Folge in dieser Woche mit einer Gesprächspartnerin, die schon einmal da war, Wiederholungstäterin sozusagen. Ich freu mich sehr, dass du Zeit hast. Magst du dich einmal selber vorstellen?
(Kat Florian) Na klar, gerne. Vielen Dank erst mal, dass ich noch mal da sein darf, diesmal auf der anderen Seite, nämlich als Studierende Schrägstrich Absolventin. Ja, mein Name ist Kat Florian. Ich bin noch vierzig und schließe grade mein Studium im Bachelor Wirtschaftspsychologie ab.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Na ja, und die Tatsache, dass du zum zweiten Mal da bist, heißt, es kann beim ersten Mal so schlecht nicht gewesen sein.
(Kat Florian) Mir hat es mega Spaß gemacht und als ich dann hörte, dass du eine Reihe mit Absolventen planst, habe ich mir gedacht: "Komm, sprich sie noch mal an."
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Zweiter Versuch. Genau.
(Kat Florian) Jawohl.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Ja, das ist wunderbar. Und was hast du studiert?
(Kat Florian) Ich habe Wirtschaftspsychologie studiert, im Bachelor, eigentlich Teilzeit und bin jetzt aber nach knapp dreieinhalb Jahren tatsächlich schon fertig.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Ja, wunderbar. Also auf der Zielgeraden sozusagen.
(Kat Florian) Ja.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Deswegen auch hier und deswegen wollen wir ein bisschen Einblick nehmen in das, was dich die letzten dreieinhalb Jahre im Studium beschäftigt hat.
(Kat Florian) Gerne.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Haben sich denn so Erwartungen, die du mit dem Studium verknüpft hast, halbwegs, vollständig oder so gar nicht erfüllt?
(Kat Florian) Doch. Ich muss dazu sagen, dass ich mich schon ganz, ganz lange mit dem Gedanken beschäftigt habe, zu studieren. Ich bin ja mit-- oh Gott, damals war ich siebenunddreißig, glaube ich, als ich angefangen habe. Ich wusste schon immer, dass ich gerne irgendwas in Richtung Wirtschaft und Psychologie machen wollte. Und 2018 habe ich dann gesehen, dass die HFH den ersten Bachelor Wirtschaftspsychologie startet und dachte mir: "Hey, das könnte was für dich sein." Da vereinst du beide Welten miteinander. Weil ich komme ursprünglich aus der Wirtschaft und hatte aber mich für die psychologischen Komponenten, die dahinterstecken, schon immer interessiert und wollte es gerne miteinander verbinden. Und da muss ich auch wirklich sagen, dass die Splittung von wirtschaftlichen Modulen und psychologischen Modulen sehr ausgewogen war in dem Studium und dass ich auch wirklich sinnvoll Dinge direkt mit dem Praxisalltag verknüpfen konnte. Das hat es mir wirklich erleichtert, weil ich muss auch gestehen, dass das neben dem Job echt hart sein kann, so ein Studium durchzuziehen. Und wenn man dann schon feststellt, wofür man es tut und dass man es auch anwenden kann, dann ist das auf jeden Fall ein Motivator, weiterzumachen.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Ja, das ist auch vielleicht noch mal ein ganz spannendes Thema. Also du hast Vollzeit gearbeitet, nebenbei sozusagen, hast also versucht, irgendwie Studium und Vollzeitjob und ein wie auch immer noch geartetes Privatleben unter einen Hut zu bringen.
(Kat Florian) Privat was?
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Also rein theoretisch gibt es ja so was auch noch.
(Kat Florian) Ja, und ich weiß nicht, ob das Menschen leichter fällt, wenn sie noch jünger sind und aus dem schulischen Alltag grade erst raus oder auch aus dem Berufsschulalltag, Ausbildungsalltag, was auch immer man vorher gemacht hat, ob es denen leichter fällt. Mir ist es super schwergefallen, weil ich war zu dem Zeitpunkt, als ich angefangen habe, siebzehn Jahre fest mit beiden Beinen im Berufsleben und habe dann mein Privatleben komplett umgestellt. Ich bin vorher Pferdebesitzerin gewesen und jeder, der mal Pferde besessen hat oder mit der Pferdewelt in Kontakt gekommen ist, weiß, wie wahnsinnig zeitintensiv das vor allem ist. Und ich wusste, ich kann nicht Pferd und Studium machen. Also ich musste mich für eins entscheiden. Und dadurch, dass ich aber schon so ewig lange studieren wollte und mich unbedingt weiterentwickeln wollte, habe ich mich dann dafür entschieden, beide Pferde abzugeben und wirklich mich voll auf das Studium zu konzentrieren. Natürlich neben dem Job, aber auch da irgendwie schon ein bisschen realistisch mit siebenunddreißig, du kannst nicht auf allen Hochzeiten gleichzeitig tanzen. Das hat sich auch gut bewährt, das muss ich ehrlich sagen, obschon es mir anfangs unheimlich schwergefallen ist, in diesen Lernrhythmus reinzukommen. Mein Abitur war zu dem Zeitpunkt schon gefühlte Jahrhunderte her. Auch meine berufsschulalltäglichen Dinge waren schon ewig her. Daher musste ich komplett neu reinkommen, mich mit ganz vielen Menschen beschäftigen, die zum Teil deutlich jünger waren als ich. Das hat mich wirklich vor viele Herausforderungen gestellt. Zu meiner Zeit gab es damals noch die Einführungsveranstaltungen in Präsenz. Das hat gutgetan. Ich bin auch mit drei Leuten tatsächlich bis zum Ende des Studiums noch vernetzt. Und das kann ich auch wirklich nur jedem raten, ob jetzt Einführungsveranstaltungen online oder offline auf jeden Fall wahrnehmen, weil es ist superwichtig, Kontakte zu Gleichgesinnten zu knüpfen, grade, weil man viele dabeihat, die Vollzeit arbeiten gehen und das Studium nebenher machen und die ganz genau wissen, mit was für alltäglichen Struggles man sich da so beschäftigt und die einen von Zeit zu Zeit auch immer wieder motivieren, weiterzumachen.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Und wenn du jetzt dann ganz fertig bist, gibt es dann wieder Pferde?
(Kat Florian) Oh, ich habe lange überlegt. Ich werde das sehr wahrscheinlich nicht von vornherein machen. Ich weiß auch ehrlich noch nicht, ob ich überhaupt irgendwann wieder Pferdebesitzerin bin. Ich habe seit zwei Jahren einen Hund und bin da auch wahnsinnig glücklich mit. Ich glaube, dass die Pferde für mich erst mal ad acta gelegt sind, vielleicht noch mal irgendwann wieder raufhüpfen. Aber in meinen eigenen Besitz übergehen, ich glaube nicht. Dafür hat das Studium auf jeden Fall sehr viele Entwicklungsmöglichkeiten mit sich gebracht, denen ich auch gerne noch nachgehen möchte.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Aber das heißt, wenn du jetzt so zurückblickst und sagst, ich guck jetzt mal auf die dreieinhalb Jahre: Gab es da irgendwas, was dich so richtig begeistert hat, wo du gesagt hast, ja, das ist irgendwie so ein Thema oder so ein inhaltlicher Schwerpunkt, den du richtig spannend fandst?
(Kat Florian) Ah, das ist eine schwere Frage. Ich glaube, davon gab es mehrere. Wir haben im ersten, zweiten, dritten-- Oh Gott, ich weiß schon gar nicht mehr, wann. Irgendwann halt. In einem der ersten Semester, sagen wir es mal so, hatte ich das Modul Projektmanagement belegt und da haben wir in einem Team an einem Thema gearbeitet, was sehr praxisnah war und wo wir uns dann eben halt auch außerhalb der normalen Vorlesungszeiten mit beschäftigen mussten, wo wir uns also verabredet haben und daran weitergearbeitet haben. Und zum Schluss wurde das Modul auch wirklich von uns allen mit sehr gut bestanden und das war so ein toller Teamerfolg, da habe ich bei mir gedacht, das hat mir jetzt unglaublich viel gegeben. Das ist einer der Motivatoren, von denen ich grade meinte, dass die ganz wichtig sind in einem Studium, das man neben dem Job macht, dass man die auf jeden Fall mitnimmt und solche Momente halt auch zelebriert. Das hat mir sehr viel gegeben. Viele von den psychologischen Modulen, die mit Hausarbeiten belegt sind, ich musste mich unheimlich reinfuchsen, überhaupt in die Thematik, Hausarbeiten wissenschaftlich zu schreiben. Ich wusste vorher überhaupt nicht, was das ist, musste mich damit auch wirklich auseinandersetzen, bis ich das dann mal gefühlt zumindest auf der Fahne hatte. Aber auch das hat mir sehr viel Spaß gemacht, wenn man dann so punktuell recht tief in ein Thema einsteigt, auch wenn das noch kein Vergleich ist zur Bachelorarbeit. Aber dieses tiefer in ein Thema einsteigen, mit dem man sich dann beschäftigt, weil man sich damit beschäftigen möchte, das gibt einem auch unheimlich viel. Man hat das Gefühl, man entwickelt sich innerhalb dieses Studiums auf so vielen Ebenen weiter, nicht nur für sich persönlich, sondern eben halt auch durch die ganzen Transferleistungen, die mit da dranhängen, dass man immer wieder das Gefühl bekommt, das hat einen Sinn, was ich hier tue. Der geht auch über das hinaus, was für mich selber sinnvoll ist, sondern ich schaffe damit auch einen Mehrwert für andere. Das hat mir unheimlich viel gegeben.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Aber so eine schöne Erkenntnis, wenn man feststellt, dass so ein Studium auch einen Sinn hat. Also find ich, glaub ich, erfrischend.
(Kat Florian) Ich find das super, ja. Ich hatte das erhofft, habe dabei aber während des Studiums gar nicht drüber nachgedacht, dass das irgendwie auch sinnvoll sein sollte. Es hat sich einfach so ergeben. Also den Dingen auch ihren Lauf lassen und sich nicht so vehement an irgendetwas festklammern, hat mir auch wirklich viel geholfen. Da muss man einfach ehrlich sein.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Aber wenn du jetzt sagst, so Vollzeitjob und Studium, vielleicht für die, die die andere Folge nicht gehört haben, vielleicht kannst du noch mal ganz kurz skizzieren, damit wir alle mitnehmen, was du eigentlich so den ganzen Tag machst?
(Kat Florian) Ja, ich befinde mich ja in einer Zwitter-Position. Ich arbeite an der HFH in Vollzeit als Abteilungsleitung Vertrieb und habe da zwei Teams unter mir, einmal den Bereich B2B [Business to Business; Anmerkung der Redaktion] und einmal den Bereich B2C [Business to Customer; Anmerkung der Redaktion]. Aber es sind halt eben neununddreißig Stunden die Woche, Tendenz eher mehr als weniger. Und daneben noch ein Studium, was ja aus eigenem Antrieb passiert und wo man mal zehn Stunden pro Woche aufwendet, aber dann mal auch zwanzig oder fünfundzwanzig Stunden. Das summiert sich halt wahnsinnig schnell zu vielen, vielen Stunden in der Woche hoch. Das ist nicht immer einfach miteinander zu vereinbaren. Und es gibt auch, da muss man ehrlich sein, es gibt streckenweise Phasen, wo man sich wirklich fragt: "Wie soll ich das überhaupt alles jemals schaffen und allem gerecht werden?" Da ist es halt auch wichtig, dass man bei sich bleibt und sagt: "Okay, ich kann das geben, was ich jetzt grade geben kann, und das ist genug." Beim Studium kann man es ja machen, dass man dann auch sagt: "Okay, ich schaffe das Modul jetzt nicht, so wie ich mir das eigentlich eingeplant habe, dann schiebe ich es einfach um ein Semester nach hinten und mache es dann so gut, wie ich es mir vorstelle." Oder ich lebe damit, dass ich vielleicht nicht Hundertzwanzig Prozent auf allen Hochzeiten tanzen kann, sondern dass auch mal hundert oder achtzig Prozent genug sind. Und das ist völlig in Ordnung. Man muss nicht alles immer mit Bestnoten bestehen. Solange man begriffen hat, wofür dieses Modul für einen selber auch da ist und wie man es abschließen möchte, so kann man da eben halt auch reingehen. Für mich ist die Arbeit halt etwas, was indiskutabel ist. Das muss ich machen, das möchte ich machen und dafür bin ich ja da. Da muss ich halt an anderer Stelle Abstriche machen. Und zum Glück habe ich das, glaube ich, ganz gut hingekriegt, wenn ich mir das so angucke.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Aber das hört sich auch nach einer sympathisch pragmatischen Einstellung zum Studium an.
(Kat Florian) Das musste ich lernen und da hat es, glaube ich, auch geholfen, dass ich schon siebenunddreißig Jahre alt war, als ich angefangen habe, weil ich weiß ganz genau aus dem Leben heraus - ja, jetzt klingt das vielleicht, als wäre ich achtzig, aber gut, weiß jeder, bin ich nicht - du kannst nicht immer, zu jeder Tages- und Nachtzeit - einhundertfünfzig Prozent geben. Und ich bin tendenziell jemand, der sehr ehrgeizig ist und der am liebsten eben diese hundertfünfzig Prozent überall reinschmeißt. Aber am Ende des Tages muss man dann auch sagen, das geht nur über einen begrenzten Zeitraum gut und irgendwann musst Du dann halt feststellen, okay, ja, ich habe zwar hundertfünfzig Prozent reingeben wollen, aber ich bin bei achtzig gelandet und es war trotzdem gut. Also man macht schon Klimmzüge am eigenen Charakter. Man merkt schon recht schnell, was geht und was nicht geht.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Aber ich finde das ganz spannend. Ich habe mich kürzlich mit einem Absolventen meines Studiengangs unterhalten, also Master Management im Gesundheitswesen und der hatte erzählt, er wäre Vater geworden, er hat ein Haus gebaut und das Studium abgeschlossen. Und dann habe ich gefragt - weil ich dachte so: Chapeau - was war die größte Herausforderung? Und es war tatsächlich nicht das Studium, es war auch nicht das Vater werden, das hatte mich jetzt nicht so überrascht, sondern es war tatsächlich der Hausbau. Weil er sagte, durch Ukraine Krieg, Fachkräftemangel, Inflation, geänderte Finanzierungsbedingungen et cetera pp, sind die halt in die denkbar ungünstigste Phase sozusagen gerutscht. Und er sagte, das wäre das gewesen, was ihm am meisten Kopfzerbrechen, am meisten schlaflose Nächte bereitet hat. Und ich erzähle das in jeder Online-Infoveranstaltung immer, weil ich finde das total in Ordnung, wenn jemand ehrgeizig ist. Ich schätze das sehr, auch bei meinen eigenen Kindern. Aber ich finde es mal ganz wichtig, dass man auch mit einem realistischen Blick, mit einem gewissen Pragmatismus drauf guckt und sich bewusst ist, da dankt einem unter Umständen nicht einer. Man kann es nicht ewig durchhalten und das Leben hält deutlich mehr Herausforderungen unter Umständen für uns bereit als ein Studium. Und wir sind ja auch nicht alle mit den gleichen Startvoraussetzungen dabei, ne. Es ist ja was ganz anderes, wenn jemand lange aus dem Lernprozess raus ist, wenn jemand zu Hause drei kleine Kinder alleine zu versorgen hat, wenn jemand Vollzeit nebenbei arbeiten muss. Das heißt, es sind ja ganz unterschiedliche Startbedingungen und deswegen ist glaube ich ganz wichtig, so wie Du das so schön formuliert hast, dass man da bei sich bleibt und nicht permanent guckt, was haben die anderen geschrieben, wie weit sind die anderen und diese ganzen Dinge, sondern wirklich sich dessen bewusst ist, dass man eben selber für sich da seinen Weg finden muss und der kann eben ganz, ganz unterschiedlich sein.
(Kat Florian) Ja, also sich auch bewusst machen, das Studium ist nicht deine Existenz. Das ist Teil davon. Du möchtest, dass dein Abschluss ein Teil deiner Existenz wird, aber zum Beispiel ein Hausbau, da hängt ja nicht nur - also in den meisten Fällen zumindest, denke ich, hab noch keins gebaut - aber hängen da nicht nur ich dran, sondern eben halt auch eine Familie und das ist existenziell. Das ist ein Studium nicht, also zumindest in meinen Augen nicht. Und wenn man an den Punkt kommt, an dem man sich mit anderen vergleicht, das ist sicherlich zu einem Teil manchmal motivierend, aber da die Balance zu halten, dass es nicht demotivierend wird und einen runterzieht und in diesen Leistungsdruck reintreibt, aus dem man dann relativ schlecht wieder rauskommt. Ich glaub, da die Balance zu halten, ist wahnsinnig wichtig und dann sich auch zu einem gewissen Teil mal ein bisschen abzuschotten und auch realistische Gespräche mit Kommilitonen zu führen, die in der gleichen Situation sind wie man selber, die sprich auch Vollzeit arbeiten und das Studium nebenher machen. Wie machen die das? Wie kriegen die das auf die Kette? Da kann man auch gute Impulse mitnehmen, was jetzt zum Beispiel Resilienz angeht oder was auch sich in einem gewissen Punkt abgrenzen angeht und den eigenen Leistungsdruck nicht so überhand nehmen zu lassen.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Na ja, man muss natürlich auch immer ehrlicherweise sagen, jede Prüfung, ob das Abitur, das Studium, was auch immer, es ist am Ende des Tages eine Eintrittskarte für das eine oder für das andere. Es ist weder ein Beleg für besonders gute Leistung, wenn man es besonders gut abgeschlossen hat, noch irgendwie eine Katastrophe, wenn es nicht die Zahl vorm Komma gab, die man sich vorgestellt hat. Weil ich habe in meinem Leben wirklich Leute mit einer eins vorm Komma gesehen, wo ich dachte, wie haben die das denn gemacht und Leute mit einer anderen Zahl vorm Komma, wo man dachte, Mensch, die sind eigentlich super. Das heißt, es ist eine Momentaufnahme und ich habe zum Beispiel selber vor dem zweiten Staatsexamen zwei Todesfälle innerhalb einer Woche gehabt in der Familie und habe dann das zweite Staatsexamen geschrieben. Und es gibt einfach Phasen im Leben, wo man dann vielleicht nicht das abrufen kann, was man abrufen könnte unter optimalen Bedingungen. Aber wir haben nun mal nicht immer alle nur den ganzen Tag optimale Bedingungen und auch das gehört, finde ich, irgendwo dazu. Und deswegen ist mir das auch immer so wichtig, den Leuten auch so ein bisschen diesen persönlichen Druck zu nehmen, immer alles in vorgegebener Zeit mit einer eins vorm Komma und was weiß ich wie abzuschließen.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Also ich zum Beispiel habe den langweiligsten Lebenslauf, den man sich vorstellen kann. Es gibt definitiv niemanden, der einen langweiligeren Lebenslauf hat als ich. Definitiv nicht, bin ich mir hundertprozentig sicher. Und wahrscheinlich ist das auch die Erklärung dafür, warum ich so viel Sympathie für Leute habe, die mal so ein bisschen rechts und links geguckt haben und das nicht so alles immer in weniger Zeit als vorgegeben mit einem Ergebnis irgendwie abgeschlossen haben. Und ich glaube, auch das müssen wir hier oder versuchen wir hier zu mindestens unseren Hörerinnen und Hörern zu vermitteln, dass das eben auch dazugehören kann.
(Kat Florian) Und das ist das Leben. Das klingt so abgedroschen, aber das ist tatsächlich so, ja.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Was hast Du für Pläne jetzt, wo Du auf der Zielgeraden bist? Jetzt wird es ja richtig spannend bei dir.
(Kat Florian) Ja, ich habe immer gedacht, ich wüsste das in Stein gemeißelt. Ziele, Pläne, schwierig, Wünsche auf jeden Fall. Ich möchte wahnsinnig gerne irgendwann als hundegestützter Coach arbeiten und Nachwuchsführungskräfte auf ihrem Weg begleiten mit den Struggles, mit denen sie sich so beschäftigen müssen. Ganz explizit Mitarbeitende, die vom Kollegen, von der Kollegin zur Führungskraft werden. Das habe ich selber damals mal in einem Unternehmen erlebt. Also ich kenne den Hintergrund des Ganzen und weiß, wie man sich da fühlt und würde ganz gerne die Menschen, denen es auch so geht, auf dem Weg begleiten. Das ist ein ganz großes Ziel von mir. Und womit ich mich auch wahnsinnig gerne verstärkt beschäftigen möchte, sind Veränderungsprozesse. Also tatsächlich Change Leadership. Was geht damit einher? Was wird von guter Führung erwartet? Was wird auch von Führungspersönlichkeiten in Veränderungsprozessen erwartet? Und wie gehen sie wertschätzend mit ihren Mitarbeitenden um, um sie eben halt auch im Unternehmen zu halten? Das ist ein ganz großes Thema, mit dem ich mich gerne danach beschäftigen möchte. Also im weitesten Sinne Organisationsberatung, Change-Management. Genau.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Gehen wir vielleicht mal in den ersten Punkt. Tiergestützte Unterstützung sozusagen. Also ähm, ist ja auch, sage ich mal, ein bisschen in tatsächlich. Ne, also wir haben zum Beispiel kürzlich mal so eine Alpaka-Wanderung gemacht, äh von einer Anbieterin, die machte das äh für schwerstbehinderte Kinder und Jugendliche schwerpunktmäßig und für Depressionspatientinnen und -patienten und berichtete da von den Schwierigkeiten, da irgendwie Kosten äh locker zu machen, weil die Kostenträger das natürlich nicht übernehmen. Aber wir kennen ja zum Beispiel auch so therapeutische, so Voltigieren- aus dem Kinderbereich und so ganz viele Beispiele.
(Kat Florian) Ja.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Also, [das] ist ja auch, sage ich mal, ein bisschen in tatsächlich. Also wir haben zum Beispiel kürzlich mal so eine Alpaka-Wanderung gemacht, von einer Anbieterin, die machte das für schwerstbehinderte Kinder und Jugendliche schwerpunktmäßig und für Depressionspatientinnen und -patienten und berichtete da von den Schwierigkeiten, da irgendwie Kosten locker zu machen, weil die Kostenträger das natürlich nicht übernehmen. Aber wir kennen ja zum Beispiel auch so therapeutisches, so Voltigieren- aus dem Kinderbereich und so ganz viele Beispiele. Das ist ja bestimmt auch ein Markt mit Zukunft, wenn man das mit Hunden macht.
(Kat Florian) Also, ich bin damals darauf gekommen, als ich noch Pferdebesitzerin war. [Da] war ich damals in einem Kinderhospiz mit meinem Pferd, in mehr oder minder regelmäßigen Abständen. Und ich habe gesehen, wie Menschen in Krisensituationen darauf reagieren, wenn Tiere dabei sind, was das für einen Raum schaffen kann, was das für eine Vertrauensbasis schaffen kann. Und da ich das nicht ewig machen konnte und wollte, habe ich schon damals darüber nachgedacht, wie ich das denn anders sinnstiftend einbringen könnte. Das ist auf jeden Fall ein Teilaspekt von mir, der sich mit dem Studium jetzt auch noch mal stark verstärkt hat, der aber vorher schon da gewesen ist. Und ja, das ist sicherlich in, aber es hat auch bestimmt einen Grund, warum das in ist. Und ich glaube, dass Tiere noch mal etwas ganz anderes an Ansatz vermitteln können, als wir das alleine als Coaches machen könnten.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Ja, also ich bin lange Jahre geritten, und jetzt seit zwei, drei, also seit Corona eigentlich, nicht mehr. Und ich fand das immer total faszinierend, wie sehr ein Pferd einen spiegelt. Das, was man auch vielleicht gar nicht sehen will. Ohne Rücksicht auf Verluste. Und ich kann mich erinnern, dass ich vor, ja ungefähr vor zehn Jahren, bin ich mal mit Seelöwen geschwommen und kann mich nicht erinnern, solange ich aktive Erinnerungen pflege, dass ich jemals einen derartigen Endorphin-Ausstoß wirklich gespürt habe. Es war saukalt, man hatte dann so einen Shorty da irgendwie an, zog den irgendwann aus und zu Hause habe ich also eine halbe Stunde in einer heißen Badewanne gelegen und gezittert wie Espenlaub. Habe es aber überhaupt nicht gemerkt in dem Moment, weil ich es so großartig fand. Also ich glaube, da passiert tatsächlich ganz viel in so einem Körper und ich glaube, dass Tiere einfach aufgrund dessen, dass sie so wahnsinnig sympathisch sind - jedenfalls die allermeisten, jedenfalls die, mit denen man diese Tier-Coaching-Geschichten macht - eben auch so positiv wahrgenommen werden, ne.
(Kat Florian) Sie spiegeln dich halt. Und du kannst überhaupt nichts dagegen machen und du-- Also es ist eigentlich wirklich so, dass du dich nach einiger Zeit darauf einlässt, weil es völlig, völlig ungesteuert passiert. Du lässt dich in der Situation komplett darauf ein, weil du keine Angst haben musst und weil du automatisch diesem mehr oder weniger plüschigen Wesen vor dir vertraust. Und das eröffnet so schöne Wege der Zusammenarbeit und führt aber auch immer wieder hin auf das Wesen, das noch mit im Raum ist. Und sei es, dass es nur einfach da liegt und vielleicht sogar im besten Fall schläft und dadurch wieder diese Ruhe und die Sicherheit vermittelt. Dass viele Situationen, wo ja auch Coaches gefragt sind, dann eben zu einem guten Konsens zwischen Coach und Coachee führen können und dann eben zusammen mit dem Coaching-Dog.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Ja, und ich kann mich auch so an Situationen erinnern: Meine Kinder und ich reiten hintereinander exakt das gleiche Pferd und wir haben drei völlig unterschiedliche Pferde.
(Kat Florian) Ja. Ja.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Also auch zum Thema Führung. Wie führt man ein Pferd von der Weide und kommt es mit oder nicht? Diese ganzen Dinge. Das fand ich hoch interessant, weil wenn man das natürlich alleine macht, hat man diesen unmittelbaren Vergleich ja nicht. Und das war wirklich toll. Also auch wer welches Pferd liebte und wer welches Pferd weniger liebte und welches Pferd wen mehr mochte, im Sinne von wer wen mehr führen konnte. Das, das fand ich großartig.
(Kat Florian) Körpersprache macht eine ganze Menge und eine ganze Menge aus und wir sind uns dessen gar nicht bewusst. Und darum geht es halt auch, dieses Unbewusste, was mitschwingt, sichtbar zu machen. Und das können-- Coaching, also tiergestütztes Coaching hat da noch mal einen anderen Ansatz und ich glaube, dass das jetzt allmählich auch mehr publik wird und deshalb eben halt auch immer beliebter wird, weil die Erfolge sind definitiv da.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Ja, und ich glaube, wenn man mal guckt, dieser ganze Coaching-Markt - ich habe relativ viele Mandanten auch, die da unterwegs sind - der ist natürlich für den Endverbraucher, sage ich mal, auch ein Stück weit unübersichtlich. Also diese Qualifikation an sich ist nicht geschützt, es gibt keine Ausbildung. Da gibt es diverse Aus- und Weiterbildungen, aber es gibt eben keine staatlich organisierten Curriculums oder was auch immer und insofern ist man da, glaube ich, wenn man mit Tieren etwas anbietet, auch in der Zahl derer, die insgesamt ein Angebot machen, auch so ein bisschen exotisch immer noch, ne?
(Kat Florian) Ja, das ist definitiv so. Ich finde das auch unglaublich schwierig, sich über diesen wahnsinnig weitreichenden Markt wirklich Gedanken über jemanden oder eine Institution zu machen, die man für so eine Weiterbildung oder auch eine Ausbildung in Augenschein nehmen könnte und dann auch gleich noch mit dem Zusatz „Tiergestützt". Das sind wirklich maximal zwei Hände voll. Und da lichtet sich der Wald dann schon wieder. Und auch da: es geht nichts über einen persönlichen Eindruck, sprich auch dann mal ein Beratungsgespräch in Kauf zu nehmen und dann wirklich tiefer in diese Thematik auch einzusteigen und auch immer wieder ganz ehrlich abzuklopfen: Ist es das, was ich will und was ich mir vorstelle? Oder muss ich den Plan vielleicht wirklich noch mal umschmeißen?
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Aber das heißt, es gibt sozusagen nach dem Bachelor keinen Master, so verstehe ich das.
(Kat Florian) Nein. Also ich will niemals nie sagen, aber jetzt im Moment muss ich ganz ehrlich sagen, nee. Mir reicht es jetzt. Ich habe vorher lange gearbeitet und jetzt würde ich dann auch gerne mal wieder nur arbeiten, fände ich auch super, und ein Privatleben haben, und auch an den Wochenenden uneingeschränkt sagen können: „Hey, klar treffen wir uns."
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Ich habe Zeit.
(Kat Florian) Ja, ich habe Zeit, überhaupt kein Problem. Und auch meine Familie oder meine Freunde, die nicht in Hamburg leben, die mal wieder zu sehen, weil die sich natürlich in den letzten Jahren durchaus berechtigt auch beschwert haben: „Du verbringst gar keine Zeit mehr mit uns." Ja, sie haben Verständnis dafür gehabt, aber jetzt ist es allmählich auch aufgebraucht und ich glaube, ich muss die Akkus mal wieder laden. Nicht nur deren, sondern auch meine eigenen.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Na ja, und auch das können wir hier ja einfach mitgeben. Es muss auch nicht immer der Master sein, ne? Es gibt auch einfach ganz viele gute Gründe zu sagen: Ich habe den Bachelor absolviert und das ist für mich, für meine Lebenssituation völlig fein und da muss es jetzt eben nicht noch einen weiteren Weg in einen Masterstudiengang geben.
(Kat Florian) Man muss gar nichts, außer wirklich glücklich mit dem sein, was man tut. Und es ist auch völlig in Ordnung, dann zu sagen: „Okay, ich habe das jetzt gemacht. Ich bin glücklich damit. Ich kann mir vielleicht noch das und das vorstellen." Das muss nicht zwingend jetzt sofort sein, sondern es kann auch irgendwann mal sein, weil unsere Möglichkeiten sind mittlerweile echt nicht mehr zeitlich limitiert. Das müssen wir nicht mehr.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Ich würde gerne noch eine Frage stellen, und zwar hast du ja so in Richtung Führung und Change-Management und so. Ich will mal ganz kurz eine Situation schildern. Ich war in London über Silvester und steige ins Flugzeug, Türen gehen zu, Maschine rollt langsam los, pünktlich, sehr erstaunlich, am 01.01., aber egal. Und dann kommt der Pilot und sagt den üblichen Salmon, wo man ja sowieso nur noch mit einem Ohr, wenn überhaupt zuhört und sagt dann: „Wir erwarten Turbulenzen und wir weisen Sie jetzt schon darauf hin, dass Sie verpflichtet sind, während des gesamten Fluges angeschnallt sitzen zu bleiben. Wir gehen nicht davon aus, dass wir die Anschnallzeichen, ausmachen können" und so.
(Kat Florian) Mhm.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Und ich fand das so-- Also ich bin jetzt kein Psychologe, aber ich fand es so dermaßen daneben, weil: was passierte? Nicht nur in meiner Reihe, sondern auch in den Reihen vorher und hinterher. Man hat wirklich gemerkt: Die Leute saßen, ja, ich will nicht sagen verkrampft, aber sie saßen angespannt da und warteten auf die Turbulenzen, die jetzt nach meinem persönlichen Empfinden - aber das empfindet natürlich auch jeder anders - jetzt nicht bedrohlich waren. Aber ich kann mir vorstellen, wenn ich sowieso latente Flugangst habe - und ich kenne ganz viele Leute, die sagen: „Ich habe jetzt nicht Panik, wenn ich ins Flugzeug steige, aber ich gehör auch nicht zu denen, die gerne fliegen." - und diese Leute, glaube ich, wenn ich jetzt schon weiß, oh Gott, ich habe jetzt anderthalb Stunden, sind es ja Gott sei Dank nur, habe ich jetzt vor mir und da ruckelt das jetzt ohne Ende und da kriege ich vielleicht auch Angst. Da habe ich mich die ganze Zeit gefragt, ob es aus psychologischer Sicht nicht taktisch klüger gewesen wäre zu sagen: „Ich nehme den normalen Text und wenn ich dann merke, okay, ich bin in der Luft und es ist jetzt wirklich so, dass ich dann sagen muss: „Jetzt fliegen wir hier durch eine Gewitterfront", oder was auch immer. Dass ich es dann sage, aber dann erst, wenn es so weit ist. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, was so ein Pilot dadurch gewinnt, weil sie gingen nachher auch aus, die Anschnallzeichen, was dann zu Verwirrung führte, weil keiner so genau wusste: Äh, kann ich jetzt aufstehen oder nicht? Und was ist jetzt mit den Turbulenzen? Dann wurde irgendwie gefragt und die Flugbegleiter wussten auch nicht so genau. Also es war dann auch so ein bisschen unklar. Und das hat mich so an so viele Führungssituationen erinnert, wo man so alleine gelassen wird in diesem: „Was gilt denn jetzt eigentlich?" Und aus meiner persönlichen Erfahrung ist es ja immer so, Menschen wollen Orientierung, sie wollen Führung, sie wollen klare Ansagen. Und da würde ich jetzt gern mal die Frage an dich als Expertin- War das taktisch klug oder ist meine Intuition zu sagen: „Hätte ich anders gemacht", richtig?
(Kat Florian) Hmmm. Also da merkt man halt, dass Kommunikation ein absoluter Schlüssel ist, aber eben super individuell. Es gibt dich, die das gerne erst dann gewusst hätte, wenn tatsächlich Turbulenzen auftreten, so nach dem Motto: Setz dich hin, schnall dich an und bleib angeschnallt, jetzt sind Turbulenzen da. Es gibt aber auch andere, die da halt planerischer vorgehen, so nach dem Motto: „Okay, alles klar, ich weiß. Es sind Turbulenzen zu erwarten. Ich bleibe besser angeschnallt." Das war die Vorgabe. So ein bisschen übertragen auf Führungsprozesse: Den einen, den du von vornherein an die Hand nehmen musst, der sehr viel Planung braucht, sehr viel Struktur braucht und der einen vorgezeichneten Weg für sich auch braucht. Und den anderen, den du, in Anführungszeichen, freier laufen lassen kannst, der sehr selbstständig agiert, die Situationen dann annimmt, wenn sie so sind und-- Da gibt es keine allgemeingültige Regel. Da ist es wirklich so, bei einem Piloten, der nun ein Flugzeug zu führen hat, das an Ort X ankommen muss, der wird es nicht allen Passagieren recht machen. Und dafür hat er dann eigentlich seine Flugbegleiter. Ich hätte dann wahrscheinlich auch gesagt: „Okay, ja, ich glaube, ich lass diesen Satz mit den Turbulenzen weg", hätte die Flugbegleiter*innen darüber informiert und denen dann eben die weitere Kommunikation überlassen. Das ist allerdings auch wirklich ein sehr individuelles Ding.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Na ja, worum es mir nur geht - also, dass man das nicht jedem recht machen kann, das ist klar, Menschen haben unterschiedliche Bedürfnisse, das ist gar nicht mein Punkt - aber ich hatte das Gefühl, als dieser Satz ausgesprochen war und als er dann auch auf Englisch wiederholt wurde, machte sich wirklich greifbar Panik breit. Also wirklich Panik. Und das, denke ich, das hätte man doch vermeiden können. Es wäre doch früh genug gewesen-- Ich meine, wenn die Turbulenzen dann zehn Minuten vor Hamburg sind, dann hättest du entspannt fliegen können. Dann hättest du die Anschnallzeichen anmachen können, dann hätte es ein bisschen gewackelt, dann wärst du eh schon fast da gewesen. Die meisten Leute entspannen sich – jedenfalls kenne ich das so von Leuten, die Flugangst haben – ja auch mit fortschreitender Flugzeit. Das heißt, wenn du auf die Uhr guckst und sagst: „Ach komm, jetzt ist nur noch eine Stunde", oder so, so schlimm wird das jetzt schon nicht mehr.
(Kat Florian) Also da muss ich sagen, ich habe gar keine Flugangst. Von daher, ich hätte die Turbulenzen dann angenommen, wenn sie da gewesen wären und hätte wahrscheinlich, ähnlich wie du, nicht zwingend vorher eine Ansage gebraucht. Aber Leute, die anderthalb Stunden schon unglaublich unangenehm finden und wissen wollen, was auf diesem Flug passiert und die dann wahrscheinlich maximal erschreckt sind, wenn dann auf einmal mittendrin die Anschnallzeichen losleuchten und sie die Ansage bekommen: „Ach ja, Turbulenzen, hinsetzen, angeschnallt bleiben", dann ist die Panik in dem Moment wahrscheinlich noch viel schlimmer, als wenn sie dann in Anführungszeichen so ein bisschen verkrampft schon vor dem Start in ihren Sesseln sitzen. Also ich glaube tatsächlich, dass man es da nicht allen recht machen wird und dass es da auch kein Patentrezept gibt.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Okay, schade. Das hätte ich mir jetzt so gewünscht, aber gut.
(Kat Florian) Tut mir leid. Sehr diplomatische Antwort. Patentrezepte wirst du nicht finden. Jeder ist anders und von daher auch diese Gelassenheit, diesen Situationen zu begegnen und sie nicht zwingend sofort vorzeichnen zu wollen, sondern das zu nehmen, was man vorfindet. Ich glaube, das ist schon-- Vielleicht ist das ein Patentrezept.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Ich habe meinen Kindern mal am Anfang, als sie noch klein waren, immer beigebracht: „Also Turbulenzen, da ist im Prinzip gar nicht viel los." Ich habe immer gesagt, solange die Flugbegleiter und Flugbegleiterinnen noch das Boardbistro machen und solange es noch den Boardverkauf gibt, da muss man sich gar keine Sorgen machen. Frühestens kann man anfangen, unruhig zu werden, wenn die sich irgendwann selber anschnallen müssen und das Abbrechen. Das ging gefühlt zehn Jahre mindestens gut und dann ist es so, irgendwann kommt ja die Statistik. Irgendwann hatten wir da mal einen Flug, wo das der Fall war, und meine Kinder erinnerten sich tatsächlich an meine Worte.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Das kommt ja auch nicht so oft vor, aber da war es dann so. Nach dem Motto: Ja, jetzt müssten die sich ja hinsetzen und dann sagte ich: „Ja, dann wäre das jetzt wohl so. Die wollen ja auch keine blauen Flecken. Wir würden mal gucken, was passiert." Und dann waren die auch glücklich mit der Antwort. Aber das ist natürlich so, wenn du immer sagst: „Ach komm, keine Sorgen", ne, solange es-- Ich sage immer: „Krankenwagen ist auch nicht so schlimm." Sorgen kann man sich machen, wenn der Notarzt kommen muss. Solange der nicht kommt, ist das alles noch erträglich. Und dann hatten wir tatsächlich mal privat eine Situation bei meinem Sohn, da musste der Notarzt kommen und dann wusste meine Tochter, okay, es war ernst.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) War es dann auch. Aber wir hatten sozusagen für alle anderen Fälle, wo man dann mal so einen Krankenwagen sieht, weiß ich nicht, beim Unfall oder auch so dann irgendwie mal, dann war es immer so: „Okay, ist jetzt nicht gut, da geht es jemandem auch nicht schlecht, aber es ist jetzt nicht immer gleich lebensbedrohlich." Das ging mir überhaupt nicht darum, irgendwas runterzuspielen, sondern es ging mir mehr darum, das so ein bisschen einzuordnen. Da bin ich ja immer ein großer Freund von. Und ja, wenn dann so ein Notarzt im Wohnzimmer steht und man weiß, okay, der Bruder, der ist jetzt dann wohl doch lebensbedrohlich erkrankt, dann darf man ja auch panisch sein oder Angst haben oder sich Sorgen machen oder alles gleichzeitig. So, das fand ich tatsächlich ganz spannend. Aber gut, mit dem Flug, ich werde das mal weiter beobachten beim nächsten Mal, wenn ich fliege.
(Kat Florian) Kannst ja mal anrufen.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Ich werde an dich denken.
(Kat Florian) Kat, was mache ich denn jetzt?
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Na, ich kann ja sowieso nichts machen. Ich sitze da dann immer und denke so: „Oh." Und ich beneide immer meinen Mann, der gehört tatsächlich zu den Leuten, du setzt ihn in ein Flugzeug, der sitzt noch nicht und schläft. Das macht mich wahnsinnig. Ich kann nicht schlafen im Flugzeug. Ich kann überhaupt nicht schlafen im Flugzeug. Es geht einfach nicht. Ich kann auch nicht in der Bahn schlafen. Ich schlafe eigentlich nur in meinem eigenen Bett. Nein, so schlimm ist es auch nicht, aber ich kann im Flugzeug nicht schlafen. Aber der schläft immer. Der setzt sich wirklich hin, AirPods rein und zack, war es das.
(Kat Florian) Beneidenswert. Das kann ich auch nicht.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Das ist auch total praktisch für Langstreckenflüge. Weißt du, andere müssen sich irgendwie ein Schlafmittel organisieren, illegal.
(Kat Florian) Ja.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Und der ist einfach, zack. Den kann man auch nicht ansprechen. Also wenn man dann irgendwann gelandet ist, dann wird er auch automatisch natürlich wach, weil dann ist ja wieder Lärm und dann wurschteln alle um einen herum. Aber ich weiß auch nicht, wie man das macht. Ich würde das gerne lernen. Vielleicht schaffe ich das irgendwann noch mal.
(Kat Florian) Wenn du das hingekriegt hast, dann möchte ich bitte einen Schlafplan, wie ich das dann auch bewerkstelligen könnte. Ich kann das auch nicht. Mir ist das auch zu eng. Ich kann das nicht, wenn das alles so eng um einen drumherum ist und dann schlafen? Nee.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Aber das ist eigentlich das Beste, was man machen kann, weil es ist ja echt langweilig. Passiert ja nichts. Du hast die ganzen Filme auf dem Handy. Du hast da irgendwelche Podcasts, aber so richtig spannend ist [das] ja auch nicht. Es passiert ja wirklich nichts, außer vielleicht Turbulenzen.
(Kat Florian) Nee, das stimmt. Stimmt.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Und die würde man da vielleicht doch gerne verschlafen.
(Kat Florian) Ja, gut, da gebe ich dir recht. Bordfernsehen. Bordfernsehen finde ich immer spannend. Ich fliege aber auch vielleicht nicht oft genug, dass ich das tatsächlich noch spannend finde.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Na ja, aber das hat man ja auch nicht [immer], gerade auf den [Flügen] innerhalb Europas oder so gibt es das ja gar nicht mehr.
(Kat Florian) Ja, stimmt. Also von daher. Ah, Podcasts.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Ja, ja. Genau. Genau, also wir sorgen ja hier auch-- ne? Also wenn ihr das hört und gerade fliegt und Turbulenzen habt, schreibt uns mal.
(Kat Florian) Wie geht ihr damit um? Hättet ihr es vorher gerne gewusst oder erst tatsächlich, wenn ihr in die Turbulenzen geratet?
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Na ja, gut, aber ich habe jetzt verstanden, jeder hätte das gerne anders und insofern--
(Kat Florian) Ja, in den meisten Fällen ja.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Okay. Dann kommen wir auch langsam zum Ende. Magst du unseren jetzt noch aktiv Studierenden dann noch irgendwas mit auf den Weg geben? Irgendein Motto, irgendein Tipp, irgendwas, wo du sagst, ja, das hat sich wirklich gelohnt, das hat mich wirklich weitergebracht, das hat mir geholfen?
(Kat Florian) Also weitergebracht und geholfen hat mir auf jeden Fall der Austausch mit meinen Kommilitonen. Selbst wenn es nur ein, zwei, drei sind, das ist überhaupt nicht wichtig. Sorgt dafür, dass ihr Leute habt, die dasselbe in Anführungszeichen durchmachen, damit ihr euch von Zeit zu Zeit da austauschen könnt, weil ihr werdet immer mal wieder das Gefühl haben, dass euer Umfeld euch nur begrenzt versteht und das tun sie tatsächlich und das ist auch ihr gutes Recht, genauso wie es euer gutes Recht ist, eben in dieser Situation zu sein. Also der Austausch mit den Kommilitonen, das kann ich nur raten. Und ansonsten, das klingt ein bisschen gemein, aber im Grunde genommen interessiert es dann später wirklich nur euch, welche Note da tatsächlich am Ende bei rumgekommen ist. Ja, macht es so gut, wie ihr wollt und wie ihr es könnt, aber bleibt pragmatisch dabei. Da kräht später wirklich kaum ein Hahn noch nach, wie genau ihr das gemacht habt, mit welcher Note ihr es abgeschlossen habt. Das ist eigentlich etwas, was euch nur dabei behindert und euch vielleicht auch ein bisschen einschränkt, gerade schon im Lernprozess, dass man das unheimlich toll und unheimlich gut machen möchte, was per se schön ist, aber was einen dann später tatsächlich eher behindert, als dass es einen weiterbringt. Also wirklich pragmatisch dabeibleiben und nicht immer hundertfünfzig Prozent geben wollen. Manchmal sind auch achtzig und neunzig völlig ausreichend.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Das ist ein wunderbares Schlusswort. Das bedarf, glaube ich, keiner weiteren Kommentierung. Das ist doch wunderbar und vielleicht hilft es auch dem einen oder anderen, der jetzt zuhört, um so ein bisschen die eigenen Maßstäbe auch wieder so ein bisschen gerade zu rücken und so ein bisschen--
(Kat Florian) Realistisch bleiben.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Realistisch und pragmatisch.
(Kat Florian) Ja.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Wunderbar. Dann sage ich ganz, ganz lieben Dank, dass du dir die Zeit genommen hast. Das war ein tolles Gespräch. Vielleicht ergibt sich eine dritte Gelegenheit. Man weiß es nicht, aber auf jeden Fall sage ich ganz lieben Dank, dass du da warst.
(Kat Florian) Ich danke dir.
(Prof. Dr. Birgit Schröder) Wenn es jemanden gibt, der das hört und auch erzählen möchte, wie ihn das Studium der HFH weitergebracht hat, vielleicht auch, wie es gefallen hat, was so die Herausforderungen waren und was aus ihm oder ihr geworden ist, dann freuen wir uns über eine Nachricht und ansonsten viel Spaß beim Zuhören und ganz viel Erfolg weiterhin im Studium. Vielen Dank.

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