Transkript Alumna Janina Bösche
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Herzlich willkommen zu einer neuen Folge. Wir freuen uns sehr über eine neue Gesprächspartnerin. Frau Bösche, toll, dass Sie Zeit haben, sich die Zeit nehmen. Zeit hat man ja nie. Man muss sie sich suchen. Schön, dass Sie, dass Sie sich die Zeit genommen haben, um ein bisschen was zu erzählen, wie es mit Ihrem Studium war. Freuen wir uns sehr drüber.
(Janina Boesche) Ja, guten Tag, Frau Schröder. Zunächst einmal vielen Dank für die Einladung zu Ihrem Podcast. Da habe ich mich sehr drüber gefreut.
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Ja, mögen Sie sich gleich einmal vorstellen?
(Janina Boesche) Ja, ich bin Janina Bösche. Ich bin jetzt sechsunddreißig Jahre alt und wie Sie gerade schon gesagt haben, Alumna der HFH. Ich habe zunächst meinen Bachelor in Wirtschaftsrecht an der Hochschule in Osnabrück gemacht, da mit den Schwerpunkten Steuern, Wirtschaftsprüfung und Rechnungslegung und wollte dann eigentlich direkt einen Vollzeitmaster anschließen, aber da sind mir eigentlich zwei Dinge dazwischen gekommen. Zum einen war es so, dass damals das Bachelor-Master-System ja noch relativ frisch war in Deutschland, ähm, und irgendwie nicht so richtig das passende Angebot für mich dabei war. Und zum anderen war es so, ja, ich war einundzwanzig, als ich meine Bachelor Thesis geschrieben habe, also total jung und ich hatte noch gar nicht so richtig eine Vorstellung, wo die Reise hingehen soll, was ich eigentlich möchte. Hatte keine Berufserfahrung, abgesehen von ein paar Praktika und, ähm, ja, hab dann erst mal angefangen zu arbeiten, um mich so ein bisschen zu orientieren. War da bei einer Big-Four-Wirtschaftsprüfungsgesellschaft im Steuerbereich angestellt und, ja, dann habe ich zwei Kinder bekommen und hinterher in einen Industriebetrieb gewechselt, da, wo ich jetzt auch arbeite, ein Unternehmen, das die Unterkonstruktion für höhenverstellbare Schreibtische herstellt. Und wie das im Mittelstand häufig so ist, war da einfach mein Aufgabenbereich viel breiter gefasst als das, was ich vorher in der Wirtschaftsprüfung gemacht hatte und ich habe, gemerkt, irgendwie muss ich da fachlich noch 'ne Schippe drauflegen. So dieses Steuer- und Rechnungslegungswissen war zwar super und brauche ich da auch, aber ich wollte einfach noch ein bisschen mehr so in die Richtung Controlling, internes Rechnungswesen, mich einfach noch breiter aufstellen, mein Wissen ein bisschen auffrischen nach der Babypause. Genau. Und dann habe ich angefangen, meinen Master an der HFH zu machen, in Betriebswirtschaft mit dem Schwerpunkt auf Controlling. Das war von 2018 bis 2020. Ja, und bin dann danach der HFH auch mit Lehraufträgen treu geblieben. Ja, deswegen glaube ich, kenne ich die HFH inzwischen ganz gut.
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Ja, lieben Dank. Das ist ganz spannend zu sehen, dass Sie quasi auch noch Mutter geworden sind zwischendurch und jetzt als Lehrbeauftragte tätig. Da ist ja irgendwie auch eine Menge passiert dann, so seit dem Bachelor, würde ich sagen.
(Janina Boesche) Ja, das stimmt. Ich habe sogar noch ein drittes Kind bekommen. Genau, dass aber erst deutlich später. Also es ist sehr, ja, passiert immer ganz viel und irgendwie passt die HFH immer so dazu mit ihrer Flexibilität, ist man in beiden Lebensphasen eigentlich ganz gut auf mich eingegangen, sowohl als studierende berufstätige Mutter, als auch eben jetzt beim Wiedereinstieg in die Lehraufträge. Das passte eigentlich immer gut.
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Ja, super. Und Sie, Sie arbeiten im Mittelstand, haben Sie gesagt, da ist natürlich immer für uns so ein bisschen die Frage interessant: Was brauchen Sie denn quasi, was Sie nicht im Studium gelernt haben?
(Janina Boesche) Ja, das bezieht sich eigentlich hauptsächlich auf die Soft Skills. Also im Studium habe ich jetzt fachlich kein Thema oder hinterher nach dem Studium kein fachliches Thema vermisst, was ich jetzt bei der Arbeit gebraucht hätte, weil man ja gerade im Studium so recht breit erst mal inhaltlich lernt. Man hat ganz viele verschiedene Module. Natürlich muss man dann – das ist ja ganz normal – hinterher mehr in die Tiefe gehen, wenn man die Themen dann im echten Leben bearbeiten muss. Aber gerade so, ja, was Verständnis für Kolleginnen und Kollegen anbelangt, die einen ganz anderen fachlichen Hintergrund haben. Das ist etwas, was man, glaube ich, nicht im Studium lernen kann und wo man immer weiter einfach, ja, an sich arbeiten muss, Erfahrungen machen muss. Gerade so als rationaler Mensch irgendwie überlegt man sich ja manchmal, was der beste Lösungsweg ist, und legt das dann für sich fest. Und wenn dann Menschen andere Meinungen haben, weil sie eben einen anderen fachlichen Hintergrund haben oder vielleicht schon viel länger im Unternehmen sind und wissen, das funktioniert so gar nicht, wie die sich das in der Theorie überlegt hat, dann muss man eben ja immer wieder neu aufeinander eingehen und, ja, ehrlich Verständnis zeigen, um die beste Lösung für alle zu finden.
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Okay. Und wie sieht so ein Arbeitstag bei Ihnen aus, wenn Sie sich einen wünschen dürften? Also so 'n, so 'n perfekter Arbeitstag, was wäre das?
(Janina Boesche) Ich habe den totalen Luxusjob, dass ich irgendwie gar keinen Arbeitsalltag habe, sondern eigentlich, ja, immer ins Büro komme und ganz oft gar nicht weiß, was erwartet mich an dem Tag eigentlich. Und, ja, der perfekte Tag ist für mich, wenn dann direkt schon jemand dasteht und sagt: „Ach, wie gut, dass du da bist. Ich habe hier mal ein Thema für dich." und ich dann, ja, mich in eine neue Recherche stürzen kann oder in irgendeine Berechnung. Und, ja, also sehr projektgetrieben, was ich tue, ganz viele Ad-hoc-Anfragen, sodass ich gar keinen richtigen Alltag habe und das finde ich eigentlich besonders gut.
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Und das ist auch das wahrscheinlich, was Sie dann, wirklich begeistert, so nach dem Motto: „Ich weiß gar nicht so richtig, wenn ich morgens mein Büro aufschließe, was erwartet mich?"
(Janina Boesche) Ja, genau. Es ist jeden Tag neu, jeden Tag voller Überraschungen und ja, für einen neugierigen Menschen genau das Richtige.
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Das hört sich gut an. Ich habe manchmal das Gefühl, ich weiß viel zu genau, was mich erwartet. Insofern beneide ich sie da durchaus. Ja, das hört sich, das hört sich prima an. Und, ähm, es ist ja so, wenn man, so 'n Bachelor macht und jetzt noch 'n Master draufsetzt und dann ins Berufsleben startet, Sie sind ja jetzt auch schon so 'n bisschen dabei gibt's so spezielle Herausforderungen, vor denen Sie noch so stehen? Haben Sie noch 'n Plan, wie es für Sie so weitergeht? Oder sagen Sie, Mensch, so wie's ist, ist es eigentlich ganz genau richtig grade?
(Janina Boesche) Ja, ohne dass das jetzt ganz planlos wirken soll, habe ich eigentlich nicht so 'n, so 'n richtigen Plan für die nächsten Jahre oder irgendwie ein, ein Fernziel, wo ich hinmöchte, sondern bisher war's eigentlich immer so, dass die Ideen zu mir gekommen sind und sich ja immer wieder neue Handlungsalternativen aufgetan haben, immer neue Möglichkeiten, sodass ich mich da eigentlich ganz gerne ja, eher treiben lasse. Es ist grade total gut, wie es ist. Es kann gerne noch so bleiben. Ich genieße das, wie es ist und, ja, irgendwann wird sich das wahrscheinlich wieder ändern, sodass dann was Neues hermuss und, ja, da bin ich dann total offen. Aber es ist nicht so, dass ich konkrete Pläne für die nächsten Jahre hätte.
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Und wenn Sie jetzt als Lehrbeauftragte tätig sind, dann sind Sie ja in einer, glaube ich, sehr komfortablen Situation, weil Sie natürlich genau wissen, vor welchen Schwierigkeiten oder Herausforderungen die Leute stehen, die Ihnen lauschen. Das heißt, ist das so, dass Sie auch, das mit einbringen können, also dass Sie quasi auch so 'n bisschen auf die Leute zugehen können und sagen, "Mensch, ich weiß, wie das grade ist und ich kenn vielleicht auch so 'ne Durststrecke, die man mal hat in so 'nem Studium"?
(Janina Boesche) Ja, das ist auf jeden Fall etwas, worum ich mich bemühe, dass ich eben immer deutlich mache, wir sitzen eigentlich alle im selben Boot. Ich kenn die Situation ganz genau, dass man eben Beruf, Familie und dann eben noch Studium unter einen Hut bringen muss und versuche da eben immer viel Verständnis zu zeigen, viel, ja, Zusatzmöglichkeiten zu bieten, dass ich eben sage, wenn so Fragen auftauchen, mich einfach anschreiben, ähm, dass ich auch die nächste Veranstaltung dann eben an die Bedürfnisse der Studierenden anpassen kann. Ich denke schon, dass das weiterhilft, weil ich mich eben auch daran erinnere, dass es manchmal so schwierig ist, wenn man in einem bestimmten Bereich im Unternehmen tätig ist, dann ganz andere Sachen im Studium lernen zu müssen, mit denen man bisher gar keine Berührungspunkte hat. Sodass ich dann immer sage, ja, dann geht doch vielleicht in dem Unternehmen, in dem, in dem ihr arbeitet, einfach mal in diesen anderen Bereich rein und lasst euch mal erzählen, was tun die da eigentlich, sodass man vielleicht 'n bisschen ja, aktiv sein eigenes Interesse wecken kann an einem Modul, das einem erst mal so gar nichts sagt. Das sind schon so Ratschläge, die ich dann versuche zu geben.
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Und was haben Sie für Module, die Sie jetzt als Lehrbeauftragte betreuen?
(Janina Boesche) Das sind im Moment die Module "Grundlagen der Rechnungslegung" und "Buchhaltung und Jahresabschluss". In beiden ist dann auch Investition und Finanzierung mit drin, so 'n bisschen strategisches Controlling mit drin, internes Rechnungswesen. Eigentlich sind das so genau die Tätigkeitsfelder, die ich in meinem Job auch hab, also eben auch sehr weit gefasst. Jede Zahl mit 'nem Euro dran ist eigentlich mein Thema. Und ich glaube, dass da auch so eine ganz nette Wechselwirkung entsteht, dass ich eben zum einen, das ist gut für meinen Joballtag, eben ja, fachlich drin bleibe, weil ich eben immer wieder mit Studierenden darüber spreche und andersrum eben, glaub ich, 'n guten Praxisbezug herstellen kann, viele Beispiele aus meinem Berufsleben mit in die Lehrveranstaltungen einbringen kann, um so 'n bisschen ja, den Studierenden nahezubringen, das ist wichtig und das zu veranschaulichen und eben so Interesse zu wecken.
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Und sind das beliebte Module oder sind das eher Module, wo man so sehr verzweifeln muss?
(Janina Boesche) Ich befürchte, dass es bei ganz vielen eher Letzteres ist. Ich versuche immer ganz doll, die Angst zu nehmen davor und es eben ja, möglichst einfach und ganz Basic so von der Pike auf zu erklären und, ja, immer wieder so Bezüge herzustellen, auch zum privaten Alltag der Studierenden, weil mit Geldthemen beschäftigen wir uns ja nicht nur bei der Arbeit. Aber natürlich ist es so, ja, ich mach die Veranstaltung auch im Studiengang Pflegemanagement, wenn Menschen einfach aus 'nem ganz anderen beruflichen Kontext kommen, eben in der Pflege arbeiten und sich dann damit beschäftigen sollen, wirklich von null auf hundert, weil das ist ganz viel, was wir da in dem Modul machen müssen, dann habe ich schon 'n Verständnis dafür, dass das schwierig ist. Und das ist dann auch häufig eben nicht das Modul, was die Studierenden sich gewünscht haben, worauf die grad gewartet haben, sondern eher eins, dass sie müssen.
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Aber ich finde ja, umso besser ist es doch eigentlich, wenn man einen Lehrbeauftragten vor sich sitzen hat, der das selbst irgendwie geschafft hat? Also neben Beruf und Familie so 'n Studium zu machen und dann später noch als Lehrbeauftragter tätig zu sein, das finde ich so von der Idee her eigentlich ganz schön. Weil ich glaube, also ich habe ja häufig das Problem, auch wenn ich Leuten erkläre, Mensch, was macht mein Studium aus, meinen Studiengang? So, ich kann ja immer viel erzählen. So, und im Zweifel ist es einfach immer viel schöner, glaube ich, wenn sie das erzählen, denn sie haben ja gezeigt, dass es gehen kann. Also ich habe ganz klassisch studiert nach dem Abitur, direkt, im Anschluss sozusagen, hatte da keine Familie, keine Kinder, keine sonstigen Verpflichtungen, sondern hab einfach nur studiert, so. Ich habe zwar nebenbei gearbeitet, ja, aber ja, anders als, als man das eben in Vollzeit tut. Und insofern glaube ich, ist es einfach total schön, so jemanden wie Sie zu haben, die einfach ganz authentisch sagen kann, ich bin das lebende Beispiel, dass es funktioniert. Sagt keiner, dass es einfach ist, sagt keiner, dass es irgendwie nicht mühsam ist und dass es kräftezehrend ist, aber es funktioniert wenigstens.
(Janina Boesche) Ich hoffe zumindest, dass diese Message ankommt. Ich beginne die Lehrveranstaltung immer damit, dass ich erzähle, dass ich in der Schule Bio-LK hatte und dann direkt nach dem Abitur in einem Grundkurs Rechnungswesen saß mit ganz vielen, die vorher Steuerfachangestellte gelernt haben und ich einfach überhaupt gar nicht verstanden hab das ganze Semester über, worüber wir eigentlich reden und was das eigentlich soll. Und dass ich deswegen glaube, dass ich es besonders gut vermitteln kann. Ich hoffe, das gelingt mir. Bisher waren die Rückmeldungen zum Glück ganz positiv.
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Ja, also ich glaube, wer so sympathisch den Einstieg will, da wäre ich auch mir sehr sicher, dass das gelingt. Also das muss gelingen. Sehr schön. Ja, und wie ist denn das? Haben Sie auch manchmal so Studierende, die auf sie wirklich zu kommen und sagen: „Mensch, ich weiß gar nicht, ist das Studium so das Richtige für mich und schaffe ich das überhaupt?" Und dieses Modul ist irgendwie blöd und die Klausur ist vielleicht auch nicht so gelaufen oder irgendeine andere Prüfung? Gibt's das auch?
(Janina Boesche) Ja, also ich glaube, das bringt das Modul so 'n bisschen mit sich, dass die Studierenden eben von Anfang an Berührungsängste äußern. Wenn man eben fragt, so, wie sind die Vorkenntnisse, dann sind sie eben bei den meisten nicht so ausgeprägt. Bei manchen ist es auch ganz anders. Es gibt auch immer mal wieder Studierende, die in genau dem Bereich arbeiten und dann super viel beitragen können. Das ist ja auch so schön an der HFH, dass ich eben nicht die ganze Zeit nur erzählen muss, sondern dass es immer erfahrenere Studierende auch gibt, die eben auch Beispiele, ja, einbringen können in die Lehrveranstaltung. Aber natürlich ist es so, dass eben häufig die Studierenden sagen: „Ich weiß nicht, wie ich die Klausur schaffen soll, weil ich habe noch ganz viele private Verpflichtungen, berufliche Verpflichtungen. Ich habe noch gar nicht die Studienbriefe gelesen." Und ja, da stelle ich dann manchmal fest, dass dann so ein Berg an Aufgaben vor sich hergeschoben wird. Versuche dann immer zu sagen: „Einfach anfangen und mal gucken, wie das Modul eigentlich ist, weil sonst kriegt man immer mehr Angst, wenn man dann noch in der Veranstaltung sitzt, sich vorher gar nicht damit beschäftigt hat, dann klingt es ja noch viel gefährlicher, als es eigentlich ist. Ja, und eben möglichst Klausuren nicht zu schieben, sondern einfach hinsetzen, machen, Klausur schreiben und dann klappt das schon.
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Ja, aber das ist auch so das, was ich als Studiengangsleitung ganz oft sehe, dass Leute einfach nicht anfangen, also es nicht mal probieren. Und da, bin ich völlig bei Ihnen. Dann glaube ich, ist es tatsächlich irgendwann auch die, ja, da wird der Berg einfach immer größer. Und die Panik kommt und die Angst. Also insofern glaube ich auch. Also wenn wir hier irgendwas mitgeben, dann einfach mal ausprobieren. Und selbst wenn's nicht klappt, dann hat man zumindest mal 'ne Erfahrung mitgenommen und weiß vielleicht, wo man beim nächsten Mal anders intensiver ansetzen muss, wo man vielleicht mehr lernen muss, wo man sich noch mal Unterstützung holt. Aber ich glaub, auch dieses nicht anzufangen und Sachen zu schieben, finde ich auch immer sehr, sehr gefährlich einfach.
(Janina Boesche) Ja, und immer daran denken, dass man nicht nur mit voller Punktzahl besteht, sondern dass ja im Zweifel die Hälfte auch reicht. Also es gibt ja 'n ganz großen Bereich, wo man eben das Modul dann noch schafft, gerade wenn das etwas ist, was unliebsam ist, was man vielleicht jetzt glaubt, im späteren Berufsleben nicht zu brauchen, ähm, dann muss man sich, glaube ich, gar nicht so verrückt machen. Man muss nicht alles richtig machen, um die Klausur zu schaffen.
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Ja, das ist auch sicherlich 'n sehr guter Hinweis, das Ganze so 'n bisschen mit 'nem gesunden Maß an Pragmatismus einfach anzugehen. Auf der anderen Seite, in 'nem Jurastudium heißt es immer, wer auf vier Punkte lernt, landet leicht bei drei. So muss man so das gesunde Mittelmaß finden. Aber Sie haben natürlich völlig recht. Wir sehen manchmal auch, dass Studierende mit, mit sehr viel Perfektionismus rangehen und irgendwie unbedingt alles gut machen wollen und sehr gut machen wollen. Und man muss eben sagen, viele Prüfungen sind jetzt auch einfach gar nicht so angelegt, würde ich jetzt mal sagen, dass das jeder unbedingt immer die gesamte Punktzahl schaffen soll, sondern natürlich gibt's da 'n ganzes Spektrum. Das kennen wir ja auch aus jeder Arbeit in der Schule noch. Also, ne, es gibt halt Leute, die, die haben 'ne Eins und es gibt aber auch Leute, die haben dann vielleicht 'ne vier minus. Auch das gehört letztlich dazu und ich glaube auch zu einem Studium, ist ja meine tiefe Überzeugung, gehören eben auch so Module, wie Sie sie unterrichten? Es gibt halt nicht nur solche, die beliebt sind, die man gerne macht, sondern ich glaube, zu einem Studium gehört manchmal auch dazu, sich mal durchbeißen zu müssen, so blöd sich das anhört. Aber letztlich ist es ja so, 'n Studium anzufangen, das ist ja relativ unkompliziert und einfach, aber wenn man's dann durchzieht und am Ende zum Abschluss kommt, hat man eben auch gezeigt, sich selber, aber natürlich auch einen potenziellen Arbeitgeber, dass ich dranbleiben kann, dass ich auch nicht die Flinte ins Korn werfe, wenn's mal mühsam und schwierig wird. Deswegen bin, finde ich auch immer weniger wichtig, wie schnell man zum Abschluss kommt, sondern ich finde einfach immer immens wichtig, dass man zum Abschluss kommt. Das, finde ich, ist ganz, ganz zentral. Und klar, gehören auch mal Klausuren dazu, die vielleicht nicht so laufen, wie man sich das wünschen würde. Auch das ist, glaube ich, ehrlicherweise am Ende des Tages auch ganz normal.
(Janina Boesche) Ja, das denke ich auch.
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Gibt so Überflieger, bei denen läuft das alles und man orientiert sich im Zweifel dann immer an denen, aber ich glaube eher normal ist, dass es nicht immer alles nach Plan läuft, auch wenn wir uns das immer wünschen würden als Menschen. Aber ich glaube, es ist eigentlich normal, dass es nicht so läuft.
(Janina Boesche) Na ja, ich glaube, es hilft dann auch, sich darauf zu besinnen, warum man das Studium eigentlich begonnen hat und das ist ja eben nicht für die Eins gewesen, denke ich, dass das auf die meisten zutrifft, sondern eben dafür, dass man sich fachlich irgendwie bereichern wollte. Und, ja, das tut man dann ja ganz unabhängig von den Noten? Wenn man sich mit dem Stoff auseinandergesetzt hat, auch wenn dann mal was nicht ganz so gut geklappt hat, dann ist man trotzdem schlauer als vorher und darum geht's ja eigentlich bei dem Studium.
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Ja, ich finde das, das sehr, sehr wichtig, was Sie sagen, dass man einfach vielleicht gerade in so Durststrecken mal sich überlegt: „Was will ich mit dem Studium eigentlich?" Und wenn wir so die Absolventinnen, Absolventen hören, dann ist es ja eigentlich fast immer so die nächste Karrierestufe, die man gerne erreichen möchte, entweder im eigenen Unternehmen oder noch mal wechseln. Und ich glaube auch, also-Das muss man sich dann vor Augen führen, dass man es dafür macht, für mehr Verantwortung, mehr Gestaltungsspielraum, mehr Geld, was auch immer dann die ganz persönliche Motivation sein mag. Und dazu gehört dann eben auch wirklich mal, dass man sich da so 'n bisschen durchkämpft, ne. Das ist, glaube ich, einfach so. Ich habe in meinem Studiengang auch so Module, die laufen so glatt durch, die werden immer super bewertet, die finden die alle toll. Und dann gibt's halt auch so welche, die sind halt auch eher BWL und Management lastig. Und da ist es dann so, dass die Leute, die dann auch schlecht bewerten, weil sie einfach mühsam sind, weil sie vielleicht auch noch so 'ne doofe Prüfungsform wie eine Klausur haben, die ja auch nicht so beliebt ist. Und dann sage ich halt auch mal, da muss man dann im Zweifel einfach mal durch und wir können auch. Wir brauchen natürlich in so 'nem Studiengang auch immer 'n Mix aus Prüfungsformen. Wir können jetzt auch nicht einfach immer nur sagen, es gibt das eine oder das andere. Das muss sich schon so 'n bisschen durchmischen. Aber das sieht man, das sieht man dann auch in den Befragungen der einzelnen Module, das kennen Sie ja bestimmt auch. Haben Sie so was wie 'n Lebensmotto?
(Janina Boesche) Ja, das passt eigentlich zu dem, was wir grade schon besprochen haben. Ich halt's da mit Willy Brandt und sag, kleine Schritte sind besser als keine Schritte. Man muss halt einfach irgendwie mal anfangen. Ich finde, das kann man im Berufsleben genauso anwenden wie im privaten Rahmen. Häufig tendiert man ja so dazu, über komplexere Themen ganz lange nachzudenken und auf Lösungen rumzudenken und irgendwie so gar nicht ins Handeln zu kommen. Oder man hat dann ganz lange drüber nachgedacht und stellt dann nach den ersten paar Schritten fest, irgendwie das funktioniert so alles gar nicht, wie ich mir das jetzt ewig überlegt habe. Deswegen versuche ich mich selber dahin zu erziehen, einfach erst mal anzufangen Aufgaben anzugehen und dann eben auch, ja, teilweise auf dem Weg eben die nächsten Schritte zu überlegen. Ich glaube, es bringt uns alle voran, wenn wir son bisschen, ja, mehr ins Handeln kommen und nicht ganz so viel Probleme wälzen, sowohl beruflich als auch privat.
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Ja, find ich, find ich sehr, sehr gut. Also ich glaube, auch das ist es ganz häufig. Das ist so bei profanen Dingen wie beim Sport. Jemand, der, der mit Laufen anfängt, der will auch gleich immer mit fünf Kilometern anfangen. Vielleicht fängt man dann erst mal mit einem an oder so, um dann auch so das Ziel nicht ganz so groß zu haben. Da ist, glaube ich, ganz viel dran, wenn man das, wenn man das so angeht. Und sagen Sie das Studierenden auch so?
(Janina Boesche) Ja, also ich versuch das immer wieder, grade wenn's auch Abschlussarbeiten geht. Manchmal werden die ja vor sich hergeschoben, und man traut sich gar nicht anzufangen. Aber wenn man dann sagt, jetzt teil dir doch erst mal kleine Schritte ein, finde ein Thema, schreib 'ne ungefähre Agenda, worum soll's eigentlich im Detail gehen? Wann möchtest du das abgearbeitet haben? Mach dir 'n Zeitplan. So, einfach jeden Tag ein bisschen daran arbeiten und nicht von sich erwarten, ich setz mich heute hin und schreib die ersten zehn Seiten einfach runter, als wär's gar nichts. Ich glaube, dann verliert man auch die Angst vor so großen Aufgaben.
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Ja, das ist, glaub ich, 'n ganz, 'n ganz guter Tipp, dass man auch das vielleicht so 'n bisschen häppchengerechter serviert, ne, sich selbst, dass man, dass man's nicht zu groß machen soll an der Stelle.
(Janina Boesche) Ja, lieber jeden Tag ein bisschen, keine langen Pausen sich gönnen, nicht irgendwie zwei Wochen gar nicht an Abschlussarbeiten arbeiten und dann ganz neu wieder reinkommen müssen, sondern einfach ja, kontinuierlich dranzubleiben. Das kann man, glaub ich, auch auf das ganze berufsbegleitende Studium übertragen. Einfach immer ein bisschen machen. Man muss nicht an einem Abend einen Studienbrief lesen, dann hat man, glaub ich, sowieso nichts verstanden, wenn man versucht, den wegzuschmökern wie einen Roman, sondern ja, einfach immer ganz kleine Kapitelchen sich vornehmen und die dann auch wirklich bearbeiten.
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Ja, ich glaub, das kann man gar nicht nur auf das Studium, ich glaub, das kann man auf das ganze Leben irgendwie beziehen. So eine gewisse Kontinuität zu haben und nicht zu lange Pausen. Und eben, manchmal neigen wir, glaub ich, als Menschen dazu, uns auch einfach zu überfordern, ne. Dass man, dass man einfach zu viel in zu kurzer Zeit möchte und dann frustriert ist, wenn's, wenn's nicht funktioniert, ne. Insofern ist das, glaube ich, sehr, sehr gut, was Sie den Leuten da an die Hand geben, dass Sie einfach sagen, mach mal, mach mal lieber 'n bisschen weniger, aber dafür halt ganz regelmäßig.
(Janina Boesche) Genau.
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Ja, wenn Sie Studierenden noch irgendwas mitgeben dürften, was sie, ja, was sie beachten sollen, wenn's wirklich mal nicht so läuft, wie man sich das vorstellt. Und wenn man vielleicht auch mal frustriert ist und so mit sich und dem Studium und allem hadert was wäre das?
(Janina Boesche) Ich finde, man muss sich dann immer überlegen, wofür mache ich das hier eigentlich? Also, was wollte ich damit erreichen und natürlich kann's auch Situationen geben, wo man feststellt, das Ziel, das ich erreichen wollte, mit-- indem ich dieses Studium angefangen habe, erreiche ich so gar nicht. Natürlich ist es auch erlaubt, ein Studium abzubrechen. Aber ich glaube, meistens kommt man eigentlich dann auf den Gedanken, na ja, es war wirklich schon die richtige Entscheidung anzufangen, weil ich eben die nächste Karrierestufe erklimmen wollte oder mein Fachwissen einfach verbreitern wollte, ähm, sodass man sich eben darauf zurückbesinnt. Warum habe ich damit angefangen? Und wenn das immer noch so ist, dass man dann eben durchzieht, dass man, ja, sich den Tatendrang, den Enthusiasmus, mit dem man angefangen hat, so ein bisschen, ja, beibehält, sich immer wieder darauf zurückbesinnt und einfach weitermacht, gar nicht so viel infrage stellt. Ja.
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Ich finde, das ist ein wunderbares Schlusswort. Das lassen wir einfach mal so stehen. Das ist, glaube ich, wirklich ganz wertvoll, weil Sie das eben nicht nur aus Ihrer Perspektive der Studierenden sagen können, ja, sondern auch wirklich aus der Perspektive der Lehrbeauftragten, die ja dann auch sehr viel im Kontakt ist mit Studierenden, die vielleicht genau in solchen Situationen mal sind. Frau Bösche, es war ein wunderbares Gespräch. Ich habe ganz viel gelernt und ich nehme ganz viel mit aus diesem Gespräch und bedank mich ganz, ganz herzlich, dass Sie sich die Zeit genommen haben, uns so ein kleinen Einblick zu geben in das, was nach Ihrem Studium passiert ist und uns auch so ein paar Ratschläge für Studierende mit auf den Weg zu geben, die vielleicht grade einfach ein, ein bisschen Ermutigung brauchen. Das war, das war ganz prima. Herzlichen Dank dafür.
(Janina Boesche) Danke Ihnen für die Möglichkeit.
(Prof. Dr. Birgit Schroeder) Sehr gerne.