News · 19.07.2023

GWÖ-Weiterbildung und weitere Angebote zu Nachhaltigkeit und Ethik

Interview zu Besonderheiten der HFH-Weiterbildung Gemeinwohl-Ökonomie und weiteren HFH-Angeboten zu Nachhaltigkeitsthemen
Gruppe junger Menschen hält aufblasbare Weltkugel in die Luft
Die HFH bietet mehrere berufsbegleitende Weiterbildungen, die sich mit Fragen der Nachhaltigkeit und (Wirtschafts-)Ethik beschäftigen.

An der HFH startet zum 1. Oktober 2023 ein neues akademisches Weiterbildungsangebot zum Thema Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ). Die beiden Module Einführung in die GWÖ und Angewandte GWÖ beschäftigten sich im weiteren Sinne mit Fragen der Nachhaltigkeit und vermitteln die GWÖ-Ziele einer ethischeren, ökologisch nachhaltigeren und sozial gerechteren Wirtschaftsordnung. 
 
Zum umfangreichen Themenkomplex Nachhaltigkeit gibt es neben den GWÖ-Weiterbildungen weitere Angebote an der HFH, um der Thematik wissenschaftlich und praxisnah zu begegnen.

Dazu sprachen wir mit Susann Hinrichs, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich Wirtschaft und Recht an der Etablierung der GWÖ-Weiterbildung maßgeblich beteiligt war. Zudem geben wir einen Überblick, welche Angebote die HFH darüber hinaus zu Themen der Nachhaltigkeit bzw. Ethik bietet.

 

Neben der Weiterbildung zur GWÖ gibt es an der HFH auch das Modul „Nachhaltigkeitsmanagement“. Wie unterscheiden sie sich und warum lohnt es sich, beide Angebote zur Weiterbildung zu nutzen?

Susann Hinrichs (SH): Mit dem Zertifikatsmodul Nachhaltigkeitsmanagement erhalten Studierende ein grundlegendes Verständnis dafür, wo im Unternehmen Nachhaltigkeits­management als Querschnittsdisziplin ökonomisch, ökologisch und sozial ansetzen kann.

Hier bekommt man einen guten Überblick und Fachwissen zu Aspekten wie nachhaltige Unternehmensführung und Strategie, Nachhaltigkeitscontrolling und -berichterstattung, aber auch zu Themen wie nachhaltige Produktion und Innovationen sowie nachhaltiges Personalmanagement und gesellschaftliche Verantwortung. 

Das Zertifikatsmodul Nachhaltigkeitsmanagement bildet somit eine gute Basis für eine anschließende GWÖ-Spezialisierung.

Unser neues Weiterbildungsprogramm Gemeinwohl-Ökonomie fasst den Rahmen weiter: Hier lernen die Studierenden die Grundwerte der GWÖ als alternatives ethisches Wirtschaftsmodell kennen und ordnen diesen Ansatz kritisch in den Rahmen anderer alternativer Wirtschaftsmodelle und Initiativen ein. 

In dem anwendungsbezogenen zweiten Modul des Programms geht es vorwiegend um die Erstellung einer Gemeinwohl-Bilanz für Unternehmen und Gemeinden vor dem Hintergrund anderer gängiger Standards der Nachhaltigkeitsberichterstattung.

Die Studierenden nutzen die Gemeinwohl-Matrix mit ihren Grundwerten Menschenwürde, Solidarität und Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit sowie Transparenz und Mitentscheidung in Unternehmen und Gemeinden als anerkannten Berichtsstandard und setzen sie zur Gestaltung und Umsetzung innerbetrieblicher CSR-Ziele ein.

    Gemeinwohl-Matrix

    Die Gemeinwohl-Matrix ist das Kerninstrument der Gemeinwohl-Bilanz. Sie besteht aus 20 Themenfeldern, die eine Orientierungshilfe für die Bewertung des Beitrags einer Organisation zum Wohl der Menschen und des Planeten bieten. (Abbildung: www.ecogood.org)

    In der GWÖ nehmen soziale und ethische Fragen einen zentralen Stellenwert ein. Aspekte wie Solidarität, soziale Gerechtigkeit, Menschenwürde, Kooperation und Transparenz stehen im Fokus. Warum sollten Unternehmen diese Punkte berücksichtigen? 

    SH: Es gibt bereits einen wachsenden Trend, dass Unternehmen verstärkt soziale und ethische Aspekte in ihre Geschäftspraktiken integrieren. Sie tragen so zur Schaffung stabilerer, nachhaltigerer Gesellschaften bei, profitieren von einem positiven Image, einer größeren Kundennachfrage und steigern die Zufriedenheit der Mitarbeitenden und anderer Stakeholder.

    Unternehmen, die soziale und ethische Verantwortung übernehmen, ziehen verstärkt Fachkräfte an und fördern deren Loyalität und Engagement. 

    Ethische Fragen sind für den Ansatz der Gemeinwohl-Ökonomie zentrale Punkte. Mithilfe der Gemeinwohl-Bilanz können Unternehmen eine ganzheitliche Integration dieser Themen vollziehen, bei der die Gemeinwohl-Matrix als Organisationsentwicklungsinstrument dient. So erzielen die Unternehmen langfristig positive Auswirkungen, ohne den wirtschaftlichen Erfolg zu gefährden. 

    In Zeiten von Klimakrise, Rohstofferschöpfung und steigender Energienachfrage, Naturkatastrophen, Artensterben und Menschenrechtsverletzungen sind streng auf Wachstum ausgerichtete Wirtschaftsmodelle kritisch zu hinterfragen und durch alternative Ansätze zu ergänzen. Genau hier setzt unser Weiterbildungsprogramm Gemeinwohl-Ökonomie an.

    Seit 2023 gilt die EU-Richtlinie „Corporate Sustainability Reporting Directive“ (CSRD) zur nichtfinanziellen Berichtspflicht für Unternehmen. Was ist neu daran?

    SH: Die CSRD ist die Weiterentwicklung der Non-Financial Reporting Directive (NFRD), der Grundlage für die Berichtspflicht zur sozialen und ökologischen Verantwortung von Unternehmen in der EU. Mit der CSRD soll die europäische Nachhaltigkeitsberichterstattung verbessert, vereinheitlicht und erweitert werden, zudem soll die Transparenz und Vergleichbarkeit erhöht werden. 

    Mit ihrem ganzheitlichen Ansatz bietet die GWÖ mit der Gemeinwohl-Bilanz hier eine fundierte Möglichkeit zur Vorbereitung und Umsetzung der CSRD-Anforderungen, denn mit ihrer umfassenden 360°-Perspektive geht die Gemeinwohl-Bilanz über gängige CSR-Berichtsstandards hinaus.

    Ganz aktuell ist das Thema CSRD, weil seit Januar 2023 nicht mehr nur kapitalmarktorientierte Großkonzerne berichtspflichtig sind, sondern alle Unternehmen, die zwei der folgenden drei Größenmerkmale überschreiten:

    Mehr als 250 Mitarbeitende, eine Bilanzsumme von über 20 Mio. Euro, ein Umsatz von über 40 Mio. Euro. Das betrifft heute etwa 15.000 Unternehmen in Deutschland bzw. 50.000 Unternehmen in der EU.

     
    Was müssen diese Unternehmen mit Blick auf die CSRD-Anforderungen konkret tun?

    SH: Auch sie müssen nun Berichte zu ihren Nachhaltigkeitsmaßnahmen erstellen, um darzulegen, inwiefern sie als Unternehmen Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft übernehmen. Die CSRD-Richtlinie fordert in der Berichterstattung Angaben zu den folgenden Aspekten: 

    • Nachhaltigkeitsziele 
    • Rolle von Aufsichtsrat und Vorstand
    • Zentrale nachteilige Wirkungen des Unternehmens 
    • Immaterielle, noch nicht bilanzierte Ressourcen
    • Veröffentlichung von Nachhaltigkeitsinformationen nur noch im Lagebericht anhand einheitlicher EU-Berichtsstandards 

    Weitere Angebote zu den Themen Nachhaltigkeit und Ethik:

    Themen wir Nachhaltigkeit und Ethik beschränken sich nicht auf die Wirtschaft, sondern sind gesamtgesellschaftlich und damit in nahezu allen Berufsfeldern relevant. Auch in anderen Fachbereichen der HFH können Sie Weiterbildungsmodule belegen, die sich im weiteren Sinne mit Fragen der Nachhaltigkeit und Ethik beschäftigen: