Mareike Künzer

„Ich möchte meinen Abschluss nutzen, um Wandel zu bewirken“

Mareike Künzer hat sich ein Ziel gesetzt: Sie möchte den Beruf der Operationstechnischen Assistenz (OTA) bekannter machen und eine Verbesserung des Arbeitsalltags bewirken.
 

Mareike Künzer, M.A. Foto: Akademie der Kreiskliniken Reutlingen

Die Aufnahme des Studiums war für Mareike Künzer Voraussetzung, um als Lehrkraft in der Ausbildung zur Anästhesietechnischen (ATA) und Operationstechnischen (OTA) Assistenz an der ATA-/OTA-Schule der Akademie der Kreiskliniken Reutlingen arbeiten zu können.

Doch schnell ist sie mit Begeisterung dabei – ihre Kenntnisse zu erweitern, Wissen zu vertiefen, sich fachlich auszutauschen und wissenschaftlich zu schreiben, all das macht sie leidenschaftlich gern.

Wie sie ihr Weg an die HFH · Hamburger Fern-Hochschule geführt hat und wie sie nun ihren Abschluss im Master Berufspädagogik nutzt, um ihrem Ziel, OTA Gehör zu verschaffen, näher zu kommen, erzählt sie hier.

Liebe Frau Künzer, herzlichen Glückwunsch! Gerade wurden Sie für Ihre Leistungen im Fernstudium mit dem Studienpreis des Bundesverbands der Fernstudienanbieter ausgezeichnet. Können Sie uns ein bisschen mehr dazu erzählen?

Ja, gerne. Und zuerst einmal vielen Dank für die Einladung zum Interview und die Glückwünsche. Mit der Auszeichnung habe ich gar nicht gerechnet, das war eine sehr schöne Überraschung für mich!

Ich habe mich in meinem Studium und dann später auch in meiner Masterthesis mit der Verweildauer von OTA in ihrem Job beschäftigt.

Während meines Studiums befragte ich OTA-Auszubildende an der Akademie der Kreiskliniken Reutlingen dazu, wie lange sie sich vorstellen können, in dem Beruf zu arbeiten – die genannten Zeiträume waren erschreckend niedrig. Ich wollte wissen, ob sich tatsächlich so viele OTAs nach kurzer Zeit beruflich umorientieren.

Also habe ich in meiner Masterarbeit untersucht, wie lange OTAs nach Abschluss ihrer Ausbildung in dem Beruf verbleiben. Außerdem habe ich nach den Gründen für das Ausscheiden gefragt und untersucht, welche beruflichen Alternativen ergriffen werden.

Was haben Sie herausgefunden?

Meine Ergebnisse zur Befragung der OTA-Auszubildenden sind bereits in einem Artikel in einer Fachzeitschrift erscheinen. Die Ergebnisse aus meiner Masterarbeit, welche sich auf die Verweildauer von ausgebildeten OTA beziehen, erscheinen in einem Sammelband der HFH.

Eines kann ich aber schon sagen: Die berufliche Umorientierung unter OTA ist ein größeres Problem. Viele scheiden früh wieder aus, auch wegen der Arbeitsbedingungen.

Ich selbst habe bereits bei meiner eigenen Ausbildung zur OTA festgestellt, dass das zwar der schönste Beruf ist, den es für mich gibt, dass ein Verbleib im Beruf aufgrund der Arbeitsumstände allerdings nicht sehr attraktiv ist: Zu wenig Zeit für die Patient:innen, die Arbeitszeiten, der permanent hohe Stresslevel, ich könnte noch vieles aufzählen. Es ist eigentlich immer zu wenig Zeit für alles, was natürlich auch Auswirkungen auf das Arbeitsklima hat.

Ein weiteres Problem des Berufs OTA ist auch, dass viele Auszubildende ihn nur als Durchgangsstation zum Medizinstudium betrachten.

Sie gewannen den Preis in der Kategorie „Praxis & Transfer“. Dabei werden besondere Leistungen im Wissenschafts-Praxis-Transfer gewürdigt. Wie sieht diese Transfer-Leistung bei Ihrer Forschung genau aus?

Ich konnte mein im Studium erlerntes Wissen in Form von Projekten direkt am Arbeitsplatz umsetzen.

So konnte ich bspw. anregen, jährlich eine Umfrage im 3. Ausbildungsjahr der ATA und OTA durchzuführen, um die potenzielle Verweildauer im Beruf zu erfassen. Meine Ergebnisse möchte die Geschäftsführung nun für die Personalplanung nutzen.

Denn der Nachwuchs an sich ist nicht unbedingt das Problem – wir haben lange Wartelisten für die Ausbildung. Das Problem ist, dass so wenige im Beruf bleiben. Wichtig wäre also auch, schon am Anfang die Bewerbenden so auszuwählen, damit auch diejenigen, die bleiben wollen, den Ausbildungsplatz bekommen. OTA soll keine Durchgangsstation mehr sein.

Ich möchte meine erworbenen Kenntnisse aber auch für einen Wandel einsetzen: Mir ist es sehr wichtig, auf das Berufsbild sowie die Arbeitsbedingungen von OTA aufmerksam zu machen. Ich möchte Arbeitgeber zum Nachdenken anregen, wie sie ihre Mitarbeitenden halten können. Ziel ist also auch eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu bewirken, damit weniger OTAs abwandern.

War dieser Wunsch nach Wandel dann auch Ihre Motivation, überhaupt ein Studium aufzunehmen?

Nein, zu Beginn des Bachelorstudiums nicht unbedingt. Das habe ich gemacht, um Lehrerin in der OTA-Ausbildung zu werden. Für die Entscheidung ein Masterstudium zu beginnen, jedoch schon.

Um ehrlich zu sein, habe ich die OTA-Ausbildung anfangs auch nur als Durchgangsstation zum Medizinstudium betrachtet. In der OTA-Ausbildung ist mir aber klar geworden, dass ich in dem Beruf speziell für den OP sehr glücklich bin. Die Arbeitsbedingungen entsprachen jedoch, wie gesagt, nicht meinen Wertvorstellungen.

Ich habe allerdings auch schnell gemerkt, dass ich im OP keine Änderungen der Umstände bewirken kann. Da muss man anderweitig ansetzen.

Und so sind sie Lehrerin geworden?

Das war auch eher zufällig. Ich habe von Seiten meiner ehemaligen Ausbildungseinrichtung das Angebot bekommen, als Honorarkraft zu kleineren Themen zu dozieren. Da konnte ich mal in den Beruf reinschnuppern. Und das hat mir sehr gut gefallen. Ich merkte, da kann ich etwas bewirken.

Als dann Erweiterungen im Lehrerkollegium geplant waren, riet mir eine Kollegin, ein Studium zu machen, damit ich für eine Lehrtätigkeit in Frage komme. Also machte ich den Bachelor im Fach Gesundheitspädagogik. Und noch während meines Studiums erhielt ich das Angebot, als Lehrkraft an der ATA-/OTA-Schule zu arbeiten.

Meine Lehrertätigkeit habe ich dann mit dem Ziel angenommen, die OTA-Auszubildenden auf die schwierigen Arbeitsbedingungen vorzubereiten und unterstützend zur Seite zu stehen.

Den Job hatten Sie dann also sicher. Wie kam es, dass Sie dann noch den Master gemacht haben?

Der Bachelor fühlte sich für mich so „angefangen“ an, als hätte ich nur an der Oberfläche gekratzt. Ich wollte meine Kenntnisse erweitern und vertiefen.

Und das Studieren machte mir sehr viel Spaß. Ich mag es, über den Tellerrand zu schauen und viele neue Inputs zu bekommen.

Ihren Bachelor haben Sie nicht an der HFH gemacht. Wie sind sie dann für den Master an die HFH gekommen?

Die HFH bot mir mehr Flexibilität, was aus privaten Gründen wichtig für mich war.

Das Grundstudium war wirklich super, erforderte allerdings auch viel Präsenz. An der HFH gibt es keine Pflichtpräsenzen, man kann individuell und selbstständig planen, wann man welche Module belegen will. Alles ist weitgehend online. Und trotzdem hat man – wenn man will – das ortsnahe Präsenzangebot durch die Studienzentren.

Ein absolutes Pro war aber auch das extra kostenfreie Semester für die Masterarbeit! An anderen Hochschulen muss man oft die Abschlussarbeit in wenigen Monaten schreiben. An der HFH hatte ich die Möglichkeit, nach meinen vier Regelsemestern noch ein ganzes Semester der Forschung für meine Masterthesis zu widmen – wenn man eine Sache mit Herzblut macht, möchte man ja auch genügend Zeit für seine Forschung haben!

Und wie haben Sie das Studieren erlebt?

Als sehr bereichernd. Ein großer Teil meines Studiums war auch Selbstreflexion. Manchmal ist man in den eigenen Überlegungen, Gedanken und Einstellungen so festgefahren – das Studieren und der Austausch mit anderen bringt einen da weiter und hilft dabei, Dinge aus einer anderen Perspektive zu betrachten.

Aber ich habe auch meine Leidenschaft für das wissenschaftliche Arbeiten entdeckt. Das macht mir unglaublich viel Spaß. Ich forsche und veröffentliche gerne. Und das kann ich wiederrum nutzen, um mein Herzensthema weiter zu verfolgen: Auf das Berufsbild und die Arbeitsbedingungen von OTA aufmerksam zu machen.

Lehren, Studieren, Forschen, Veröffentlichen – und dann natürlich auch noch das Privatleben nicht zu vergessen. Das klingt nach einem umfassenden „Programm“. Wie haben Sie das in Ihrem Studium gemanagt?

Ich arbeite 80 Prozent, somit blieb mir ein Tag pro Woche für das Studium oder andere, privat anfallende Termine. Manchmal habe ich auch an Wochenendtagen gelernt. Da hat mir mein Mann dann sehr geholfen, weil er auch mal allein den Haushalt organisiert hat. Familiäre Unterstützung ist da generell sehr hilfreich.

Mir hat es auch immer geholfen, mir die Lernumstände etwas schön zu machen. Wenn möglich bin ich immer gern ins Grüne gegangen zum Lesen und Vorbereiten der Studienbriefe – Natürlich gut versorgt mit Nervennahrung: Kaffee und die kleinen Süßigkeiten, das motiviert immer.

Haben Sie noch weitere Motivationstipps?

Ich finde, manchmal ist Zeitdruck der beste Antrieb, um etwas fertig zu stellen.

Groß motivieren musste ich mich aber meistens nicht. Mir war von Anfang an bewusst, dass ein nebenberufliches Studium eine höhere Arbeitsbelastung bedeutet. Aber wenn man mit Freude an die Sache geht und es auch Spaß macht, ist das auch eine große Motivation!

Wichtig ist aber auch neben der benötigten Disziplin: Wenn man mal keine Lust hat, sollte man sich keine Vorwürfe machen, sondern sich auch mal den Tag Pause gönnen, um die Akkus wieder aufzuladen.

Wie geht es denn jetzt nach Ihrem sehr guten Masterabschluss für Sie weiter? Gönnen Sie sich nach diesem großen Erfolg auch eine kleine Pause?

Ich möchte den OTA weiterhin Gehör verschaffen, da bleibe ich auf jeden Fall am Ball. Und ich möchte Auszubildende auch zukünftig begleiten und vorbereiten. Dafür bleibe ich im Lehrbetrieb.

Außerdem werde ich jährlich meine Untersuchungsergebnisse aus den Befragungen sammeln und sie der Geschäftsführung vorlegen, damit sich Dinge verändern können. Dafür werde ich die Ergebnisse auch weiterhin veröffentlichen.

Und zur Pause: Der Master muss ja nicht das Ende gewesen sein…aber man darf sich auch eine kleine Pause danach gönnen.

Dann sind wir ja gespannt auf das, was da noch kommt! Viel Erfolg dafür, Frau Künzer, und vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte unsere Redakteurin Mareike Bock.

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