Christian Löffler

Christian Löffler arbeitet seit 2013 im Europäischen Kernforschungszentrum CERN 

Von 2015 bis 2017 studierte er parallel dazu den Masterstudiengang Maschinenbau an der HFH. Über seine Erfahrungen zwischen Arbeit, Forschung und Studium berichtet er im Interview.

Christian Löffler und CERN-Gebäude
Blick in das Europäisches Kernforschungszentrum CERN

Eine Spule des 11 Tesla supraleitenden Dipole Magnet Models (2 m) im CERN.

Bild: Der "Globe of Science and Innovation" des CERN (© M. Ludwiczak) und HFH-Absolvent C. Löffler.

 

Herr Löffler, können Sie uns erklären, woran  im Kernforschungszentrum CERN geforscht wird und wozu ein Teilchenbeschleuniger nützlich ist?
Am CERN beschäftigen sich Physiker und Ingenieure mit den fundamentalen Bausteinen des Universums. Sie benutzen die größte und komplexeste Maschine der Welt, um die kleinsten Bestandteile von Materie zu studieren – die fundamentalen Teilchen. Die Teilchen werden bei nahezu Lichtgeschwindigkeit zur Kollision gebracht. Diese Kollisionen geben den Physikern Einsicht, wie die fundamentalen Teilchen miteinander reagieren und lässt sie so hinter die Grundgesetze der Natur blicken.

Blick ins CERN - Magnetherstellung

Blick in die CERN-LMF (Large Magnet Facility). Zu sehen ist die Herstellung der 15 Meter langen Dipol Magnete (8 Tesla).

Was genau waren und sind Ihre Aufgaben im CERN und am LHC?
Der Teilchenbeschleuniger LHC wird in den nächsten Jahrzenten kontinuierlich upgegradet, um die Kollisionsrate und Kollisionsenergie der Protonen zu erhöhen. Um den Protonenstrahl auf der Kreisbahn zu halten, sind von den 27 Kilometern Gesamtlänge des LHCs ungefähr 20 Kilometer mit Magneten ausgestattet, hauptsächlich mit 15 Meter langen Biegemagneten. An die Position, an der sich im Moment die Biegemagnete befinden, soll in fünf Jahren ein sogenannter Kollimator gesetzt werden, der das Entfernen von Streuprotonen ermöglicht. Um über die Strecke von 15 Metern den Verlust des bislang genutzten 8-Tesla-Magneten auszugleichen,  werden zwei 5 Meter lange 11-Tesla-Magneten vor und nach dem Kollimator eingesetzt.

Querschnitte

Links: 11T 2in1 Dipol Magnet; nur das Joch und der Leiter sind abgebildet; bei 12,8 kA - Dipol Feld von 12 T; Vektoren in elektrische Stromrichtung.
Rechts: 11T Dipol Magnet; Querschnitt durch Spulen und mechanische Struktur; von-Mises Vergleichsspannungen bei 1.9 K und einem Feld von 12 T. 

Während meines HFH-Fernstudiums habe ich vor allem an diesen Magneten gearbeitet. Ich habe die Entwicklung und Fertigung von kurzen 2-Meter-Modellen sowie des ersten Prototypen (5 Meter) begleitet und an der Planung der anschließenden Industrialisierung der Fertigung mitgewirkt. Auch heute arbeite ich vornehmlich an der Konstruktion und Fertigung von supraleitenden Beschleunigermagneten; hierfür sind die Anwendung von komplexer FEA (Finite Element Analysis), die Materialprüfung bei kryogenen Temperaturen und das Definieren von komplexen Verfahren für die Industrialisierung wichtig.


Wie schwierig ist die Arbeit im CERN und wie läuft dort der wissenschaftliche Austausch?
Natürlich sind die Probleme und Herausforderungen, mit denen ich mich auseinandersetzen muss, anders als die eines „Standard-Maschinenbauers“. Allerdings würde ich nicht sagen, dass die Anforderungen größer sind. Bis man sich in der Welt der supraleitenden Magnete zurechtfindet, mag es vielleicht etwas länger dauern als bei Daimler in der Abgasnachbehandlung. Meine Kollegen kommen aus ungefähr zehn verschiedenen Nationen, was das Zusammenarbeiten natürlich interessant gestaltet. Der wissenschaftliche Austausch läuft intern über Meetings, Seminare und den schriftlichen Bericht; zwischen den Instituten entweder über Veröffentlichungen oder über Konferenzen.

Was sind aktuell die spannendsten Entwicklungen in Ihrem Arbeitsbereich?
Supraleitende Kabel werden immer häufiger verwendet, ob in Generatoren in der Windkraft oder als Kurzschluss-Strombegrenzer. Das größte Problem hierbei ist die Einsatztemperatur, da die meisten Leiter mit flüssigem Helium gekühlt werden müssen, was sehr kostenintensiv ist. Diese Entwicklung wird fortschreiten, da die nächste Generation von warmen Supraleitern (kühlbar mit flüssigem Stickstoff) in naher Zukunft industriell hergestellt werden kann. Die Entwicklung neuer Leiter bedeutet auch für den Magnetbau neue Möglichkeiten und Herausforderungen.
 

Querschnitt 11T-Magnet

Querschnitt des 11T 2in1 Dipol Magnets

Worum geht es in Ihrer Abschlussarbeit?
In meiner Abschlussarbeit („Comparison of mechanical concepts for Nb₃Sn high field accelerator magnets“) vergleiche ich die Mechanik von drei supraleitenden Beschleunigermagneten. Man könnte vielleicht denken, dass die Mechanik kein großer Bestandteil des Magnetbaus ist. Aber wenn es um Magnete geht, die sich mit 400 Tonnen pro Meter auseinanderreißen wollen, wird das besser verständlich. Wohlgemerkt handelt es sich dabei um Magnete, die im Querschnitt kleiner als 15 cm sind!

Fernstudium-Gebäude-des-Studienzentrums-und-HILL

Im Master Maschinenbau kooperiert die HFH mit dem Institut für Lebenslanges Lernen (HILL) der Hochschule Heilbronn. Dort finden z.B. die Labore statt.

Warum haben Sie sich im Master für ein Fernstudium an der HFH entschieden?
Für mich kam die Anstellung am CERN relativ überraschend. Mein ursprünglicher Plan war es, den Master direkt nach dem Bachelor zu machen. Aus der Not wurde die Tugend, und so begann ich, während der Arbeit meinen Master berufsbegleitend „nachzumachen“. Da die HFH das attraktivste Angebot für mich hatte, entschied ich mich dafür. Die Unabhängigkeit von fixen und verpflichtenden Vorlesungsterminen hatte hierauf den größten Einfluss.

Was versprechen Sie sich konkret vom Masterabschluss?
Unabhängig von meiner weiteren Berufslaufbahn ist ein Masterabschluss in der Forschung unablässig. Leider viel zu oft nur wegen des Titels und nicht wegen des Wissens. Abgesehen vom direkten Einfluss auf meine zukünftige Karriere: Das vermittelte Wissen durch den Master bleibt und wird, aktiv oder passiv, meinen weiteren Lebenslauf beeinflussen. Allein die Möglichkeit, mit einer Masterarbeit über ein Thema schreiben zu können, mit dem man sich mittlerweile seit Jahren auseinandergesetzt hat, war die Mühe wert.
 

Welche Vorteile und Herausforderungen sehen Sie im Konzept Fernstudium?
Ganz klar die Unabhängigkeit. Dass man lernen kann, wenn man Zeit und die notwendige Muße dafür hat. Die Herausforderung ist, sich diese Zeit zu schaffen.
 

Wie verlief Ihre Studienzeit an der HFH? Was empfanden Sie positiv, was ggf. negativ?
Die Studienmaterialien waren mit einer Ausnahme wirklich sehr gut und ausführlich, das hatte ich so anfangs gar nicht erwartet. Die Studienzeit an sich war durchweg anstrengend und fordernd, aber eben auch fair. Man wusste ja, auf was man sich eingelassen hat. Negativ empfand ich die unterschiedlichen Anforderungen zwischen den Semestern, was dazu führte, dass ich das zweite Semester komplett unterschätzt habe.
 

Gab es Unterstützung für das Studium seitens Ihres Arbeitgebers?
Mein Arbeitgeber hat mir neun Tage Urlaub für das Studium gegeben. Einen Abschluss neben der Arbeit zu machen ist sehr unüblich am CERN. Je größer die Organisationen, desto unflexibler wird die Administration. Dies wusste ich aber schon, bevor ich mein Studium begann.
 

Was würden Sie Studienanfängern raten, worauf sollten diese achten?
Vorlesungen bzw. Präsenzveranstaltungen zu besuchen lohnt sich vor allem, wenn man sich auch darauf vorbereitet hat. Ansonsten kostet das Zeit – und davon hat man nicht gerade viel während des Studiums. Sobald das Studienmaterial ankommt, geht das Studium los!

 

Maschinenbau (M.Eng.)

Fachbereich Technik

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