News · 12.09.2017

"Jammern nützt nichts!"

HFH-Mitarbeiterin Dr. Anke Höhne durchschwimmt die Müritz und stellt neuen Rekord auf
Anke Höhne beim Start ihres Versuches
Zum Start ihres Rekordversuches war das Wetter noch auf ihrer Seite. (Foto: Karsten Hub)

Frau Höhne, was ist Ihnen vor und nach Ihrem Rekordversuch durch den Kopf gegangen und was für Gefühle hatten Sie? 
Ich war sehr aufgeregt und auch angespannt bevor ich in die Müritz stieg. Während des Schwimmens habe ich mich auch gefragt, ob ich mir nicht zu viel vorgenommen habe, ob ich mich und meine schwimmerischen Fähigkeiten gar überschätzt habe. Nach meiner Ankunft in Waren/Müritz kam ich erst gar nicht dazu meinen Gedanken und Gefühlen nachzuspüren, denn etwa 30 bis 40 Leute hatten in der Dunkelheit auf mich gewartet und mich begrüßt. Das waren nicht nur Einheimische, sondern auch Urlauber, die Presse und sogar die stellvertretende Stadtpräsidentin von Waren, die mich mit einem Blumenstrauß in Empfang nahm – ein überwältigendes Gefühl. Normalerweise ist Freischwimmen nämlich eher ein einsames Geschäft. Ich kann aber definitiv sagen, dass ich glücklich und erleichtert war, es geschafft zu haben.

Anke Höhne in der Müritz

Trotz widriger Wetterverhältnisse blieb Dr. Höhne bestens gelaunt. (Foto: Benjamin Nofz)

Wie kamen Sie denn überhaupt auf die Idee, die Müritz zu durchschwimmen? 
Ich muss dazu sagen, dass ich das Müritzschwimmen selber nie als Rekordversuch bezeichnet habe, weil es mir in erster Linie nicht um den Rekord an sich ging. Mich hat die Idee gereizt, den See einmal komplett zu durchschwimmen – fast 32 km am Stück. Vor allem aber wollte ich durch Süßwasser schwimmen, nachdem ich mich im Fehmarnbelt 2016 in Salzwasser durch Algen und Quallenfelder kämpfen musste. Das war im Übrigen auch meine längste Strecke bis dahin: 23 km in 8 Stunden. Ein langes Freiwasserschwimmen ist immer eine Herausforderung, da man sich mit den natürlichen Bedingungen wie Wassertemperatur, Wind, Wellengang, Strömungen und der eigenen Befindlichkeit an diesem Tag auseinandersetzen muss. Dass die Müritz vor mir noch niemand von Anfang bis Ende durchschwommen ist, darüber habe ich vorher gar nicht nachgedacht. 

Und im Süßwasser gab es keine Herausforderungen? Gab es Momente in denen Sie aufgeben wollten? 
Nach sieben Stunden Schwimmen frischte der Wind ziemlich auf und ich hatte auf der großen Müritz dann für fünf bis sechs Stunden starken Gegenwind der teilweise die Stärke 4 erreichte. Auch der heftige Wellengang erschwerte das Vorankommen und kostete viel Kraft sowie Zeit. Dadurch verzögerte sich auch alles und ich musste die letzte Stunde im Dunkeln schwimmen – was mich aber überraschenderweise nicht gestört hat. Ich habe weder gefroren, noch hat es mich geängstigt. Im Gegenteil: es war sogar beruhigend, durch das dunkle Wasser den Lichtern der Stadt Waren entgegen zu schwimmen. Dennoch kam bei mir während des anstrengenden Teils auch die Frage auf, ob es noch Sinn macht, weiter zu schwimmen. 

Wie konnten Sie sich dann motivieren, weiterzumachen?  
Aus dem Team begleitete mich jemand eine Weile im Wasser und dann kam mein Mann dazu, sodass ich mich im Kleinen Meer – wie die Müritz auch genannt wird – nicht mehr ganz alleine fühlte. Ich habe mir dann auch immer wieder bewusst gemacht, was gut lief und dass ich dennoch vorankam. Mein Mantra zu dem Zeitpunkt war: Es ist, wie es ist. Jammern nützt nichts. Also, einfach weiterschwimmen. Außerdem dachte ich immer an einen Satz von Matthew Webb – er durchschwamm 1875 als Erster den Ärmelkanal: „Nothing great is easy“. 

Sie sind sogar ohne Neoprenanzug geschwommen. Wieso eigentlich?
Das ist eine Einstellungsfrage für mich. Es gehört für mich zum Freiwasserschwimmen dazu, sich mit den Außenbedingungen auseinanderzusetzen. Ich vergleiche es auch immer mit dem Bergsteigen: Besteige ich den Mount Everest mit einer Sauerstoffflasche oder aus eigener Kraft?

Wie viel Zeit hat Sie die Vorbereitung gekostet? 
Da ich schon seit mehr als zehn Jahren Langstreckenschwimmerin bin, kann ich gar nicht genau sagen, wann ich begonnen habe dafür zu trainieren. Die Strecken sind mit der Zeit länger geworden. Ich habe einfach versucht, so oft wie möglich zu schwimmen – auch kurze Strecken von 30 bis 40 Minuten. Ich nehme aber auch regelmäßig an Freiwasserschwimmveranstaltungen und -wettkämpfen teil, bei denen ich – je nachdem, was angeboten wird – zwischen zwei und 15 km schwimme. 

Welche Strecke steht denn als nächstes an?
Konkrete Pläne habe ich noch nicht. Dazu mache ich mir in den kommenden Wochen Gedanken. Vorstellbar wäre zum Beispiel der Bodensee im nächsten Jahr. Aber auch Gewässer im Norden oder eine Strecke durch die Nord- bzw. Ostsee kommen in Frage. 

 

Zur Person: 
Dr. Anke Höhne ist seit fast sechs Jahren wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich Gesundheit und Pflege der Hamburger Fern-Hochschule. Als solche entwickelt sie u. a. Curricula und Studienmaterialien für das berufsbegleitende Fernstudium und übernimmt das wissenschaftliche Lektorat von Studienbriefen. Als Freiberuflerin arbeitet sie neben ihrer Tätigkeit an der HFH in ihrer eigenen Praxis auch als systemische Beraterin und Coach. 

Mit dem Langstrecken- und Freischwimmen hat sie bereits 2004 angefangen.